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Fahrerkarussel: John Degenkolb verstärkt Lotto-Soudal für die Klassiker

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John Degenkolb wechselt zum belgischen WorldTeam Lotto-Soudal. Bislang fuhr der 30-jährige deutsche Klassikerspezialist und Sprinter für Trek-Segafredo. Hier die Infos zum Wechsel.

John Degenkolb wird im nächsten Jahr im Team Lotto-Soudal fahren. Wie die belgische Mannschaft mit WorldTour Status mitteilt, hat der 30-jährige Deutsche einen Vertrag bis Ende 2021 unterzeichnet. John Degenkolb beschreibt seine Aufgaben im neuen Team so: „Die Gespräche mit Lotto-Soudal haben gezeigt, dass es eine große Deckung zwischen den Zielen der Mannschaft und meinen gibt. Es ist logisch, dass ein belgisches Team mit einer langen Geschichte im Radsport während der Klassiker glänzen will. Das wird das Ziel für den ersten Teil der Saison sein. Außerdem bin ich im Ziel nicht langsam, besonders nach einem harten Rennen. Natürlich freue ich mich auch auf die Zusammenarbeit mit Caleb Ewan, der zweifellos unser bester Sprinter für seine spezifischen Ziele sein wird. Aber mit meiner Erfahrung kann ich einen Mehrwert für ihn und für Lotto-Soudal bieten. Das Team ist oft an zwei oder drei Fronten aktiv, was die Chance auf gute Ergebnisse erhöht.“

Neben Degenkolb hat Lotto-Soudal bereits Philippe Gilbert, den Paris-Roubaix-Gewinner von diesem Jahr, neu verpflichtet. Man kann also damit rechnen, dass „Dege“ für die Kopfsteinklassiker in Belgien und Frankreich als taktische Trumpfkarte neben Gilbert auftreten wird. Lotto-Soudal verfolgt damit eine ähnliche Strategie wie das ebenfalls belgische Team Deceuninck-Quick-Step, das auch immer mit mehreren potentiellen Siegern an den Start der Klassiker geht. Dagegen dürfte Degenkolb bei der Tour de France eher für Caleb Ewan im Sprintzug aktiv sein, wenn beide die Tour fahren.

Ich und Philippe Gilbert können ein ergänzendes Duo bilden.

Degenkolb: „Ich und Philippe Gilbert können ein ergänzendes Duo bilden. Wir verstehen uns wirklich gut, ich bewundere ihn als einen der besten Klassiker-Fahrer, und mit seinem Rennstil werden sich für uns alle Möglichkeiten ergeben. In den kommenden Wochen liegen meine Ziele bei der Vuelta und bei den Weltmeisterschaften, wo ich meine dreijährige Tätigkeit bei Trek-Segafredo so gut wie möglich abschließen möchte.“

Degenkolb wurde 2011 zum Profi und entwickelte sich zu einem exzellenten Klassiker-Fahrer, dessen starker Sprint eine zusätzliche Trumpfkarte am Ende eines harten Rennens oder eines technischen Finales ist. Im Jahr 2015 triumphierte er sowohl in Mailand-San Remo als auch in Paris-Roubaix, wo er seinen Palmarés zwei Monumente hinzufügte. Anfang 2016 musste Dege das Frühjahr mit dem Klassikern wegen eines schweren Unfalls mit einem Auto während des Team-Trainings auslassen. Er brauchte einige Zeit, um sich zurück an die Spitze zu kämpfen. Unvergessen für viele ist sein emotionaler Sieg auf der neunten Etappe der Tour de France, die in Roubaix endete.

Der Sportliche Leiter von Lotto-Soudal, Marc Sergeant, freut sich auf den Wechsel: „Mit John Degenkolb und Philippe Gilbert konnten wir zwei großartige Fahrer in unser Team aufnehmen. John ist nach einem harten Rennen schnell, was einen großen Unterschied macht, wenn man mit zwanzig Fahrern Richtung Ziellinie fährt. John hat viel Erfahrung und eine große Glaubwürdigkeit im Peloton gesammelt“.

Hat Dege mit dem Wechsel das bessere Team für einen erneuten Klassiker-Sieg – was meint ihr?


Hier lest ihr mehr über John Degenkolb auf Rennrad-News

Infos: Pressemitteilung/Redaktion / Foto: Degenkolb/bettiniphoto

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Paris-Brest-Paris mit dem Klapprad: Das Finisher-Interview

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Andy Müller hat es geschafft. Mit seinem auffälligen Faltrad fuhr er Paris-Brest-Paris, wie er in seinem letzten Interview mit Rennrad-News angekündigt hatte. 1.200 km mit 10 Stunden Schlaf liegen hinter ihm. Um ein Haar wäre er an dem Vorhaben gescheitert. Seinem eigenen Vorsatz, in 84 Stunden ins Ziel zu kommen, hetzte er die ganze Zeit hinterher. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, wie es lief.

RN: Andy, erst einmal herzlichen Glückwunsch zum PBP-Finish. Du hast gesagt, Du hast viel zu erzählen!

Andy: Wo soll ich anfangen, beim Start direkt? Ich hab erstmal meine Unterlagen geholt…

…muss man eigentlich eine ärztliche Bescheinigung über die Sportfähigkeit vorlegen?

Nein, die wollten nichts sehen. Ich hab’ dann mein Zimmer gebucht. Das ging über Couchsurfing und wurde direkt von der PBP-Organisation an deren Info vermittelt. Die Halle war voll. Also habe ich von Samstag auf Sonntag bei Privatleuten übernachtet. Die nächste Übernachtung von Sonntag auf Montag hatte ich in der Halle gebucht.

Und, gut geschlafen?

Nun, es ging dann auf die Feldbetten. Ich habe 10 Meter von der Tür entfernt geschlafen. Trotzdem hat es dort gezogen wie Hechtsuppe. Manche haben die Tür gar nicht zugemacht.

=> Hier findet ihr Andys Paris-Brest-Paris-Fahrt auf Strava

Hast du gar nicht geschlafen?

Doch, doch 3 Stunden habe ich schon gepennt. Ja, was willste machen, wenn dir kalt wird und immer einer rein und raus rennt! Um halb fünf bin ich aufgestanden, um halb sechs am Montagmorgen mussten wir am Start sein. Dann erstmal das Fahrrad aus dem Bikepark geholt, alles rangemacht da (Andy hatte eigentlich nicht viel mit, eine Trinkflasche am Rad, eine im Rucksack, Luftpumpe am Steuerrohr und Batterielicht sowie das Garmin Edge GPS-Gerät, das er für 40 € bei Decathlon im Sale gekauft hat, wie er vorher einmal erzählt hat). Im Starterfeld gab es drei Gruppen, ich war „Z“.

Diashow: Paris-Brest-Paris mit dem Klapprad - Das Finisher-Interview
PBP Andy Mueller Finish-4
Wir treffen uns mit Andy an Utopiastadt an seiner Lieblingsstrecke "Nordbahntrasse "...
Für die Berge erwies sich das Kettenblatt wie erwartet als Handicap – welche Folgen das hatte, hätte Andy aber nicht erwartet
M-Power
So ging Andy auf die Strecke – natürlich noch ohne das Finisher-Trikot, die gelbe Weste ist Pflicht
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So ging Andy auf die Strecke – natürlich noch ohne das Finisher-Trikot, die gelbe Weste ist Pflicht
# So ging Andy auf die Strecke – natürlich noch ohne das Finisher-Trikot, die gelbe Weste ist Pflicht

Also, die letzte Gruppe?

Ja, Vorteil war, dass wir nicht so lange warten mussten wie die Gruppen davor. Dann den ersten Stempel in das Heftchen da (das Kontrollheft der PBP-Organisation, Anm. d. Redaktion). Und dann standen wir da auch nur 1-2 Minuten da und auf einmal geht das los, ich hab sogar vergessen die Stoppuhr zu starten, und dann ging es los, nur am Rasen, am Rasen…

…wie schnell?

35 bis 40 km/h die ganze Zeit. Wir hatten noch einen Führungswagen. Die meisten hatten Rennräder, eigentlich hätte ich ja in der Spezialrad-Gruppe starten müssen, aber wenn man einmal „seine Nummer gezogen“ hat, dann ist man in der Gruppe drin.

Und dann ging es los, nur am Rasen, am Rasen…

Wir treffen uns mit Andy an Utopiastadt an seiner Lieblingsstrecke "Nordbahntrasse "...
# Wir treffen uns mit Andy an Utopiastadt an seiner Lieblingsstrecke "Nordbahntrasse "...
...in Utopiastadt gibt es auch eine Fahrrad-Werkstatt nach dem Veloküchen-Prinzip: jeder schraubt selbst
# ...in Utopiastadt gibt es auch eine Fahrrad-Werkstatt nach dem Veloküchen-Prinzip: jeder schraubt selbst

Und dann sind wir die ganze Zeit geballert. Ich hatte gedacht, bei Kilometer 120 gäbe es die erste Kontrolle, aber da gab es nur was zu essen. Danach musste ich leider ein bisschen nachlassen, denn dann kamen die Berge: sechs- bis siebenprozentige, da konnte ich mit dem Kettenblatt nicht so schnell mitfahren. Danach bin ich dann erstmal alleine gefahren.

Wie war es in den Bergen, musstest du auch schieben?

Nee, schieben musste ich nicht. Die konnte ich fahren. Schieben musste ich nur einmal, das war auf der Rückfahrt, der Berg war 10 % locker. Ich habe vorher auch gedacht, die Berge schaffe ich nicht, aber es lief eigentlich ganz gut. Du hast ja immer dein Zeitlimit im Auge gehabt, hast ja immer Gas gegeben und musst sehen, dass du einen Kontrollpunkt weiter kommst.

Die Startnummer ließ er erstmal dran am Faltrad mit dem 80-Zähne-Kettenblatt
# Die Startnummer ließ er erstmal dran am Faltrad mit dem 80-Zähne-Kettenblatt
Für die Berge erwies sich das Kettenblatt wie erwartet als Handicap – welche Folgen das hatte, hätte Andy aber nicht erwartet
# Für die Berge erwies sich das Kettenblatt wie erwartet als Handicap – welche Folgen das hatte, hätte Andy aber nicht erwartet

Was war dein Zeitlimit?

84 Stunden.

Wo sind wir jetzt auf der Strecke?

Ja, bei Kilometer 200 oder 300 etwa. Da fing es dann an zu regnen, nachts. Regensachen rausgeholt, natürlich sind dann alle weggefahren, hält ja nicht jeder an. Ich hatte ja keine Schutzbleche dabei, die Straße war nass, die trocknet nachts auch nicht ab, also musste der Ganzkörper-Regenschutz her. Wenn du einmal alles nass hast, brauchst du nicht mehr fahren, dann hast du direkt verloren.

Wie schnell warst du dann noch unterwegs, erinnerst du dich noch?

Kann man schlecht sagen, wir hatten ja die ganze Zeit Gegenwind. Ich bin immer gefahren, gefahren, du willst ja immer weiter. Das war nach einer Kontrolle bei 306 zu einer Kontrolle bei 360, das war ja nicht so weit. Aber das ging immer rauf, runter, rauf, runter…

Waren Leute an der Strecke?

Ja, Leute waren immer an der Strecke, und die haben gejubelt!

Andy ist stolz auf die Finisher-Medaille
# Andy ist stolz auf die Finisher-Medaille
M-Power
# M-Power

Auch nachts?

Ja, auch nachts. Und dann haste da Tee und Kekse und Kaffee bekommen, alles mögliche. Du brauchtest nur anhalten, dann kriegst du einfach was.

Also, musstest du nichts aus deinem Rucksack nehmen zum Essen?

Ja, ich hatte ja nicht so viel in meinem Rucksack, immer gerade so viel, dass es bis zum nächsten Kontrollpunkt reicht. Der Rucksack war ja schon voll: Regensachen, Flickzeug, Ersatzmantel, 2 Schläuche, Werkzeug, 1 Trikot extra, eine Hose extra und Socken. Zu essen hatte ich von mir aus eigentlich nur 2-3 Riegel mit, aber die waren ja schnell verbraucht. Dann musste halt sehen, dass du an den Kontrollpunkten immer was dazu kaufst: Croissants, Getränke, musste halt gucken, dass du an den Kontrollstellen nicht zu lange Pause machst, sondern direkt weiter düst. Oder du kannst an den Kontrollstellen auch schlafen. Die haben da ihre Schlafsäle. Da zahlst du 5 Euro. Oder du pennst dann in der Kantine, da haben auch viele auf dem Boden oder auf dem Tisch gepennt, das war der reinste Schlafsaal.

Bist du dann eigentlich die meiste Zeit alleine gefahren?

Ja, wenn du an den Bergen nicht mitkommst, dann findest du vielleicht ab und zu mal einen, aber ich bin so 70 Prozent alleine gefahren. Das kostet richtig Kraft, dann hast du 3 Tage Gegenwind, das ist schon heftig.

Dann hast du 3 Tage Gegenwind, das ist schon heftig.

3 Tage? Gab es keinen Westwind?

Nein, das war ja der Hammer. Nach Brest (dem Wendepunkt, Anm. d. Redaktion) habe ich 50 km Rückenwind, ich freu mich schon, dann dreht der Wind wieder. Gegenwind!

Du hast im letzten Interview gesagt, du wolltest die ersten 600 km bis Brest ohne zu schlafen fahren. Hat das geklappt?

Ja, vorher hatte ich nur irgendwo mal 10 Minuten gepennt, eben mal die Augen zu gemacht. Weil, die Zeit mir ja immer weg lief. Du hast ja die Kontrollzeiten, zu denen du an einem bestimmten Kontrollpunkt sein musst. Ist die Zeit abgelaufen, macht der zu. Dann kannst du noch in einem Café oder Geschäft die Karte abstempeln lassen. In Brest musste ich bis 19:52 sein. 19:35 war ich da. Die Zeit lief mir immer schneller weg. Dann habe ich in Brest auch nicht geschlafen, sondern bin direkt weiter gedüst…

In dem Kontrollbuch stempeln die Kontrolleure die Ankunft ab – daran kann man die Zeiten gut nachverfolgen.
# In dem Kontrollbuch stempeln die Kontrolleure die Ankunft ab – daran kann man die Zeiten gut nachverfolgen.
Die letzten drei Kontrollen geben Aufschluss, wo Andy sein Stundenlimit verpasste
# Die letzten drei Kontrollen geben Aufschluss, wo Andy sein Stundenlimit verpasste

…was bedeutet dieser Stempel?

Da kommen immer so unangekündigte Kontrollen. Die überprüfen, ob man auch auf der richtigen Strecke fährt, nicht, dass man abkürzt…

…dann kommt die nächste Kontrolle bei Kilometer 693…

…bis dahin bin ich dann erstmal gefahren. Da bin ich da nachts irgendwann angekommen (der handschriftliche Eintrag liest sich wie „02:09 Uhr“, Anm. d. Redaktion). Bis dahin bin ich mit einem Kumpel gefahren, der sich dort hingelegt hat. Da habe ich mich dann auch hingelegt, also nicht hingelegt, ich bin auf so einem Tisch eingeschlafen, im Sitzen, und dann bin ich wieder wach geworden nach 2 bis 3 Stunden, ich konnte mich nicht mehr bewegen, die Knie komplett eingerostet. Ich konnte nicht mehr gehen. Ich werde nie mehr im Sitzen schlafen! Dann bin ich ohne den anderen weiter.

Wie lief es dann?

Ich war immer knapp am Zeitlimit, ich hätte es sogar fast geschafft, aber die letzten 120 km, da hätte ich es fast noch schaffen können, aber da waren die Schilder alle weg, haben sie alle abgenommen. Da musstest du suchen. Da habe ich auf der Suche noch einen Opa gefunden, der konnte auch nicht mehr; wir sind dann zusammen gefahren. Das Navi hat mich in die Irre geführt am Ende, der Hintern wollte schon seit Kilometer 800 nicht mehr…

…der Hintern – was war?

Da habe ich langsam wunde Stellen bekommen. Ich habe sie erstmal eingecremt, dachte es wirkt, aber dann habe ich gedacht, es bringt nichts und bin einfach mit Schmerzen weiter gefahren, bis zum bitteren Ende. Ab und zu wollte ich mal aufgeben, aber das bringt ja nichts, wenn du irgendwo aufgibst, du musst ja trotzdem nach hause, also kannst du auch weiterfahren.

Das bringt ja nichts, wenn du irgendwo aufgibst!

Dann mal ne Pause hier, ne Pause da. Bei 900 oder 1.000 km hatte ich wieder die ganzen 90er eingeholt (die Teilnehmer, die 90 Stunden als Zeitlimit hatten, die früher starten, Anm. d. Redaktion), weil ich immer gut durchgefahren bin. Und dann ging es wieder nur rauf, runter, rauf, runter, rauf, runter, die ganze Zeit, mitten in der Nacht. Das war in der dritten Nacht.

Bei 900 km hatte ich vor lauter Stress vergessen zu Essen und zu trinken, weil die Kontrollzeit abgelaufen war. Das war natürlich auch ein Fehler.

Hast Du nochmal geschlafen?

Ja, das war auch in der dritten Nacht, so zwischen 800 und 900 km, da habe ich mich einfach vom Rad fallen lassen. Erst habe ich überall die Leute gesehen, die liegen da, im Graben, in den Vorgärten, überall gelbe Westen, du denkst, „wieso sind die denn alle so schwach, kann doch gar nicht sein“. Und auf einmal denkst Du, „ich muss mich irgendwo hinlegen“. Und du denkst, „wo kommen denn überall die gelben Westen her, was machen die da“. Und du weißt nicht mehr, ob du in der Wirklichkeit oder im Traum bist: „Was ist hier los?“. Dann guckst du an dir runter und denkst: „Oh, ich habe auch eine gelbe Weste an, irgendwie ist das doch ein Traum, legste dich besser mal irgendwo hin, dann ist der Traum gleich vorbei“. Da war nur ein Wald, der war mir zu kalt. Auf der anderen Seite waren Häuser mit Gärten, da wollte ich mich hinlegen, aber da bellte ein Hund.

Ich habe insgesamt auf der Fahrt ungefähr 10 Stunden gepennt.

Ein paar Meter weiter gab es dann einen Kreisverkehr, da habe ich mich dann in der Mitte auf mein Fahrrad gelegt.

Andy Müller kam mit 10 Stunden Schlaf über die 1.200 km
# Andy Müller kam mit 10 Stunden Schlaf über die 1.200 km

Auf das Fahrrad?

Damit es keiner klaut. Ja, und dann liegst du da planlos und alle paar Minuten kommt einer mit einer Weste vorbei: „Hallo, hallo, was ist denn los mit Dir?“.

Dann die letzten 200 km…

Ich war nur am Kämpfen, die ganze Zeit das Limit im Kopf, ich habe soviel Gas gegeben, wie ich konnte – und irgendwann waren die Schilder weg. Dann ging das Suchen los. Ich habe dann einfach auf dem Navi „Ramboulliet“ eingegeben, damit ich da wieder hinfinde. Aber ich hatte die falsche Einstellung, also MTB. Nur, das habe ich zuerst nicht gemerkt. Da haben wir uns erstmal im Wald verfahren. Der Opa, ein Franzose, war ja auch noch bei mir, der war bestimmt 60 oder 70, auf einem Retrorad. Wo wir waren, konnten wir nicht fahren, dann haben wir zuerst geschoben, sind dann aber wieder umgekehrt.

Später habe ich den Fehler dann gefunden und wir wurden über Straßen geleitet, aber dann hatte ich das Vertrauen des Opas verloren. Er wollte nicht mehr mit mir zusammen fahren. Aber er stand schlotternd in der Kälte, hatte nichts mehr zu essen, kein Navi, wir waren vorher 10 km durch einen Wald gefahren, der nahm gar kein Ende. Da war nichts weit und breit. Ich konnte ihn dann doch überzeugen mit zu kommen.

Wir haben schließlich 15.45 Stunden für die letzten 120 km gebraucht, das kann man ja an den Kontrollzeiten sehen. Die Odyssee hat mich mein Ergebnis gekostet, kann man sagen.

Wie war es, als du im Ziel in Rambouillet angekommen bist?

Leer. Da war ja alles abgebaut. Ich habe noch den Kumpel getroffen, der mit mir nach der Kontrolle in Brest unterwegs war. Er hat gesagt, dass noch zwei Leute von der Organisation da sind und mich dahin geschleift. Die packten gerade ein, aber eine Finisher-Medaille habe ich noch bekommen. Nur auf den Ergebnislisten erscheine ich nicht, weil ich nicht in meinem selbstgesetzten Zeitlimit angekommen bin. Man wird nur gewertet, wenn man die eigene Vorgabe schafft.

Aber, jeder, der ankommt, bekommt auch eine Medaille?

Solange man noch jemand vorfindet, der einem die Medaille geben kann.

Was hat dich am meisten fasziniert?
Natürlich das Gefühl, es geschafft zu haben und die Aussicht es schaffen zu können unterwegs.

Hattest Du eigentlich gar keine Defekte?

Nö, alles lief perfekt. Keine Platten, nichts, bis auf den Hintern war alles gut.

Was hast Du gelernt, doch besser ein kleines Kettenblatt?

Nein, ich nehme nächstes Mal doch die frühere Gruppe. Dann lieber in den Schlangen an den Kontrollen stehen, an der Toilette, beim Essen, überall, statt an den Kontrollen ankommen und nichts mehr vorfinden, weil gerade zugemacht wurde.

Oder ich nehme mal ein richtig schnelles Rennrad, wenn mir einer eins gibt, dann kann ich sicher auch vorne ankommen.

Danke für deine Zeit!

PBP Andy Mueller Finish-4
# PBP Andy Mueller Finish-4

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Fahrerkarussel: André Greipel geht zu Israel Cycling Academy

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Der Sprintstar André Greipel wechselt zum Profi-Team Israel Cycling Academy. Das gab der Rennstall auf facebook bekannt. Israel Cycling hatte unlängst die WorldTour-Lizenz von Katusha-Alpecin übernommen..

André Greipel wird die Straßensaison 2020 für die Israel Cycling Academy bestreiten. Das veröffentlichte das Team heute auf seiner facebook-Seite. Als erfolgreicher Sprinter mit 157 Profisiegen, darunter 22 Grand-Tour-Siege, soll Greipel seine Erfahrung in das Team einbringen, das 2020 seine erste Saison in der UCI WorldTour fahren soll. Die entsprechende Genehmigung steht nacht der Übernahme der Lizenz von Katusha-Alpecin noch aus.

“Ich freue mich auf die Herausforderung, zusammen mit dem Team ICA wieder auf höchstem Niveau zu fahren. Ich habe die Entwicklung des Teams verfolgt und sah wie steil die Kurve nach oben ging, und ich wollte ein Teil des Teams sein, vor allem verbunden mit der Chance, in die WorldTour zurück zu kehren”, sagte Greipel, der einen Vertrag für 2020 unterzeichnet hat. Der “Gorilla”, wie Greipel auch genannt wird, fuhr in diesem Jahr für das Team Arkea-Samsic, das keine WorldTour-Lizenz besitzt. Greipel war unter anderem drei mal Deutscher Meister.

“Wir sind überzeugt, dass Greipel mit uns weiterhin gewinnen kann”, beschrieb Team Manager Kjell Carlstrom einen Grund für den Wechsel, aber es gehe auch stark um Greipels Sprinterfahrung.

Der richtige Schritt? Was denkt ihr über den Wechsel von André Greipel?

Infos: Redaktion/ Foto: Christian Siedler

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Jonas Deichmann fährt Nordkap-Kapstadt-Rekord: “Ich bin super happy!”

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Der Deutsche Jonas Deichmann hat gestern seine Rekordfahrt vom Nordkap nach Kapstadt erfolgreich beendet. Er fuhr die 18.000 km mit dem Rennrad 30 Tage schneller als der bisherige Weltrekord. Wir haben kurz mit ihm gesprochen.

“Um 18.53 Uhr Ortszeit am 19. November kam ich endlich an der Küste hier in Kapstadt, Südafrika an”, schreibt Jonas auf Facebook. Für den Deutschen Ultracylist endet nach 72 Tagen, 7 Stunden und 27 Minuten seine Rekordfahrt vom Nordkap in Norwegen nach Kapstadt. 18.000 Kilometer liegen hinter ihm. Und er war 30 Tage schneller als der bisherige Weltrekord. Im Kurz-Interview, das wir am Telefon geführt haben, schildert er die herausragenden Momente.

RN: Hallo Jonas, Du siehst sehr gesund und gut gelaunt aus, auf dem WhatsApp-Foto, das wir gerade gesehen haben, wie geht es Dir, ich hätte gedacht, Du müsstest vollkommen erschöpft aussehen?

Jonas: Mir geht es wirklich gut. Ich bin super happy! Ich weiß aus Erfahrung von der Panamerica (2018 fuhr Jonas die 23.000 km von Alaska nach Feuerland solo in Rekordzeit, Anmerkung der Redaktion), dass man die Müdigkeit aufschieben kann.

Was hast Du bei Deiner Ankunft als erstes gemacht?

Also, ich habe als erstes auf dem Platz, auf dem ich angekommen bin, ein Bier getrunken. Dann haben wir noch eine Party gemacht, eine Bar-Tour. Okay, das zweite Bier habe ich dann schon deutlich gemerkt.

Wer war da, um Dich zu begrüßen?

Phillip (Hympendahl, Anmerkung der Redaktion) war da. Er hat mich ja lange auf der Tour begleitet, um Fotos zu machen. Er musste leider in Afrika wegen einer Lebensmittelvergiftung aussteigen. Und dann war auch das Team meines Radsponsors Curve da (Gejubel im Hintergrund) und natürlich Pål, der das Foto gemacht hat.

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Diashow: Jonas Deichmann fährt Nordkap-Kapstadt-Rekord - “Ich bin super happy!”
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Philip musste aussteigen, hattest Du auch Probleme?

Natürlich hatte ich auch Probleme. Allein dreimal hatte ich auch eine Lebensmittelvergiftung. In Russland hat mich ein Lkw zu dicht überholt und mich mit dem Seitenspiegel an der Schulter erwischt. Sehr gefürchtet habe ich mich, als ich in Äthiopien in Unruhen gekommen bin. Dort gab es einen ethnischen Konflikt, in dem auch viele Menschen gestorben sind, ich meine über 100 Tote. Ich habe mich einen Tag in einem Hotel verbarrikadiert. Aber dann wollte ich weiter. Das Problem ist in solchen Situationen: Niemand kann dir, sagen, ob es jetzt vorbei ist oder ob es noch andauert und wo. Es gibt keine Informationen. Auf der Fahrt bin in noch einmal in einen Mob geraten, der durch die Straßen rannte, ich wollte flüchten, junge Leute sind mir in eine Gasse gefolgt und sahen sehr bedrohlich aus, ich glaube, hier würde man sagen Hooligans, aber alte Menschen haben sich schützend vor mich gestellt und in ein Hotel gezogen. Wir machen einen Film, und darin werden wir es dokumentieren. Insgesamt kann ich sagen, dass die Unberechenbarkeit der Reise in Afrika das größte Problem war, jeden Tag kann etwas Unvorhergesehenes passieren. Von der Strecke ist die Panamerica eindeutig schwieriger.

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Und die schönsten Momente?
Hatte ich auch in Afrika. Das Schönste waren die Tiere in Afrika. Einmal lief nach einem langen Tag vor Sonnenuntergang auf einmal eine Elefantenherde direkt vor mir über die Straße. Das sind Momente, wenn so etwas passiert, dann war es ein schöner Tag!

Was war die längste Etappe?
Die längste waren 335 km in 14 Stunden.

Wo war das?
Das war auch in Afrika, es war der Schlusssprint.

Schlusssprint? Den hättest Du mit 30 Tagen Vorsprung auf den bisherigen Rekord ja eigentlich nicht gebraucht.
Der Rekord muss jetzt schon ein bisschen halten (lacht)! Ich habe vor meinem Start 75 Stunden als Ziel vorgegeben und das will ich dann auch erreichen.

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Hattest Du eine Strategie?
Ich kann nicht schnell fahren, ich kann immer nur Grundlage fahren. Es geht dann nur darum, wieviel Zeit man auf dem Rad verbringen kann. Langsam fahren und kontinuierlich. Und ich weiß aus meiner Erfahrung, ich kann auf Dauer, über Monate nicht mehr als 250 km pro Tag im Sattel sitzen. Dann ist es im Grunde eine einfache Rechnung. Die Distanz, Reservetage einplanen, und am Ende steht eine Summe an Tagen. Ich bin bei allen 3 Ultracycling-Rekordvorhaben genau an dem Tag angekommen, den ich mir vorgenommen habe. Interessant ist: Man endet immer da, wo man es sich zum Ziel gesetzt hat, nie früher.

Jetzt muss der Rekord noch offiziell anerkannt werden.
Ja, das ist ein langer Prozess (lacht)!

Was für ein Rad bist Du eigentlich gefahren?
Ich habe die ganze Ausrüstung und Packliste auf meiner Facebook-Seite, für alle, die es interessiert. Was ich gemerkt habe: Diesmal bin ich mit einem Titan-Rennrad von Curve gefahren, sonst Carbon. Carbon ist für Pässefahrten und so wirklich ideal, wenn es um Gewicht und Dynamik geht. Aber auf der Langstrecke hat mich Titan jetzt sehr überzeugt, der Komfort, das Robuste.

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Wie geht es jetzt weiter?
Morgen fliege ich schon zurück. Übermorgen halte ich den ersten Vortrag in der Schweiz (Jonas gibt Motivationstraining, Anmerkung der Redaktion). Richtig Urlaub mache ich erst ab Mitte Dezember für sechs Wochen. Ich weiß, die Müdigkeit kann ich noch aufschieben, aber sie kommt. Wenn ich vom Kopf her abschalte, kriege ich die Beine nicht mehr hoch, aber man kann es hinaus zögern.

Du hast jetzt schon 558 persönliche Glückwünsche auf Facebook. Was möchtest Du anderen mit auf den Weg geben, die sich für Deine Fahrten begeistern?
Man muss seine Träume verwirklichen! Auch für mich ist es bei jeder Rekordfahrt das Schwierigste, an die Startlinie zu kommen. Das Anfangen ist das Wichtigste. Und ich möchte natürlich allen danken, die mich bei diesem Abenteuer unterstützt haben.

Einen öffentlichen Vortrag von Jonas Deichmann gibt es am 27. November in München: https://www.facebook.com/events/517777568775966/

Was möchtet ihr Jonas sagen?


Hier lest ihr mehr zu Ultracycling auf Rennrad-News

Interview: Jan Gathmann / Fotos: Pål Laukli

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Radsport und Thrombose: Wie erkennen – und darf man weiter trainieren?

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Kann Radsport eine Thrombose auslösen? Wie erkennt man die gefährlichen Gerinnsel und was ist mit dem Sport, wenn einmal eins aufgetreten ist? Das Thema Thrombose und Radfahren taucht auch im Rennrad-News Forum regelmäßig auf. Medizinjournalist Michael Brendler hat für uns den Experten Prof. Dr. med. Bernd Pötzsch, Facharzt für Transfusionsmedizin Hämostaseologie, um Antworten zu den wichtigsten Fragen gebeten.

Rennrad-News: Radrennfahrer und andere Ausdauersportler berichten immer wieder über Thrombosen. Was sagt der Fachmann, erhöhen intensive und lange körperliche Anstrengungen tatsächlich das Risiko einer Gefäßverstopfung?

Prof. Dr. Pötzsch: Grundsätzlich stimmt diese Beobachtung. Intensiver Ausdauersport und Schwitzen sind immer mit einem erheblichen Flüssigkeitsverlust verbunden. Wird der nicht rechtzeitig ausgeglichen, steigt der sogenannte Hämatokrit-Wert. Das bedeutet, das Blut ist stärker konzentriert. In jedem Liter schwimmen mehr rote Blutkörperchen und Blutplättchen. Und das ist immer ein Risikofaktor für eine Thrombose, (unter anderem weil sich dadurch die Fließeigenschaften des Blutes ändern). Noch größer wird die Gefahr, wenn zusätzlich noch Doping mit Epo betrieben wird, weil dies ebenfalls den Hämatokrit ansteigen lässt. Beim Radfahren kommt dazu, dass die Venen im Hüftbereich durch die permanente Bewegung sehr beansprucht werden. Das kann bei sehr intensivem Training zu einer Beschädigung der Gefäßwände führen. Deshalb beobachten wir bei diesen Sportlern in der Tat auffällig viele Thrombosen im Mündungsbereich der Bein- und den Hüftvenen. Auf den einzelnen Sportler bezogen ist die Wahrscheinlichkeit dennoch sehr niedrig, dass so etwas passiert.

Prof. Dr. med. Bernd Pötzsch
# Prof. Dr. med. Bernd Pötzsch - Der Facharzt für Transfusionsmedizin und Hämostaseologie am Institut für Experimentelle Hämatologie und Transfusionsmedizin am Universitäts Klinikum Bonn beantwortete unsere Fragen
Tiefe Venenthrombose im Ultraschallbild
# Tiefe Venenthrombose im Ultraschallbild - Foto: Mr Thinktank CC BY 2.0

Mindestens fünf Prozent der Deutschen haben ja schon aus genetischen Gründen eine Neigung zur Blutgerinnselbildung. Sollten die am besten gleich die Finger vom Rennrad-Lenker lassen?

Ich will es einmal so ausdrücken: Normalerweise sagen wir, Bewegung ist gut, und das gilt auch in solchen Fällen. Von Ausdauersportarten abgeraten wird in unserer Klinik nur bei einer ganz frischen Thrombose. Zum Problem wird der Sport allerdings, wenn er im Übermaß betrieben wird. Wobei ich sagen muss: Meines Wissens ist selbst bei extremen Athleten die Thrombose-Rate nicht viel größer als die der restlichen Bevölkerung. Der Sport ist nur ein zusätzlicher Risikofaktor

Aber macht es bei einem solchen Faktor-V-Leiden oder ähnlichen erblichen Vorbelastung vielleicht Sinn, zumindest ein besonderes Auge auf den eigenen Flüssigkeitshaushalt zu werfen – gerade bei körperlichen Belastungen?

Auf die Aufnahme ausreichender Flüssigkeitsmengen sollte jeder achten, der sich extrem anstrengt. Wenn sich der Hämatokrit-Wert mal eine halbe Stunde verändert, ist das höchstwahrscheinlich unproblematisch. Aber wenn er über Stunden nicht mehr unter 45 – 50 fällt, dann kann das in Hinblick auf das Thromboserisiko schon zum Problem werden.

Und wann kommt es dann zu der Gerinnselbildung. Während des Sports selbst?

Am größten ist die Gefahr nach der aktiven Belastung, also in der Ruhephase oder im Schlaf. Solange das Blut in den Venen durch die Muskeln in Bewegung gehalten wird, sind Thrombosen sehr selten zu beobachten.

Und gibt es irgendwelche Warnzeichen, bei denen man spätestens hellhörig werden sollte?

Die wichtigsten Symptome sind die Schwellung und der Schmerz. Hier gilt die Regel: Wenn ein Bein nicht nur weh tut, sondern auch geschwollen und womöglich sogar gerötet ist, dann ist ein Muskelkater oder Muskelfaser-Riss als Ursache eher unwahrscheinlich. Dann sollte man an die Möglichkeit einer Thrombose denken. Ein weiteres typisches Zeichen ist eine Abnahme der Schmerzen, wenn das Bein hochlegt wird. Das ist bei einem Muskelfaser-Riss in der Regel nicht der Fall.

Ein weiteres typisches Zeichen ist eine Abnahme der Schmerzen, wenn das Bein hochlegt wird.

Und dann sollte man nicht mehr viel Zeit verschwenden und einen Arzt aufsuchen?

Auf jeden Fall. Denn eine solche Beinvenen-Thrombose bringt immer die Gefahr mit sich, dass sich ein Gerinnsel löst und in die Lunge ausgeschwemmt wird. Und eine solche Embolie kann tödlich sein.

Und wie gestaltet sich danach das Sportlerleben mit Thrombose. Ab wann darf man wieder ins Training einsteigen?

In den ersten zehn bis vierzehn Tagen sollte sich der Betroffene besser noch nicht zu stark belasten. Das ist die akute Phase, in der sich der Thrombus verfestigt oder konsolidiert, wie wir es nennen. Leichte Bewegungen wie Walken haben aber wahrscheinlich auch in dieser Zeit eine positive Wirkung. Allerdings sollte dabei immer ein Kompressionsstrumpf getragen werden.

Weil die Gefahr besteht, dass sich ein Thrombus löst und doch noch eine Lungenembolie entsteht?

Ehrlicherweise muss man sagen, dass können sie auch mit einem Kompressionsstrumpf nicht verhindern. Aber wogegen er sehr gut helfen kann, ist die Entstehung eines postthrombotischen Syndroms mit Krampfadern und Flüssigkeitseinlagerung ins Gewebe.

Müssen auch Medikamente genommen werden?

Ja, Gerinnungshemmer. Aber die können in der Regel nach einem halben, manchmal schon nach einem Vierteljahr abgesetzt werden. Wir machen nur in wenigen Ausnahmefällen eine dauerhafte Antikoagulation. Dann zum Beispiel wenn im engeren Familienkreis viele ähnliche Fälle darauf hindeuten, dass ein hohes genetisches Risiko besteht, erneut eine Thrombose zu erleiden. Oder wenn ein Gentest das belegt. Aber ein Gerinnsel, das sich nach einer typischen Risikosituation gebildet hat, zum Beispiel nach Sport mit deutlichem Flüssigkeitsverlust, wäre in der Regel kein Grund, die übliche Verschreibungsdauer zu überschreiten.

Beim Radfahren wiederum spricht wenig dagegen, bald wieder ins Training einzusteigen.

Und ein solches Arzneimittel ist beim Sport ebenfalls kein Problem?
Das hängt davon ab, wie hoch das Verletzungsrisiko ist. Beim Fußball würden wir beispielsweise eher einen verzögerten Einstieg empfehlen – wegen der erhöhten Blutungsneigung. Im Laufe der Zeit beginnt sich der Körper dann aber, besser auf die Medikamente einzustellen. Beim Radfahren wiederum spricht wenig dagegen, bald wieder ins Training einzusteigen.

Manche Gerinnungsmedikamente, wurde bislang gewarnt, ließen sich nicht antagonisieren, also durch ein Gegenmittel ausschalten. Für den Chirurg heißt das in der Regel, dass er bei einem Unfall erst nach Abklingen der Wirkung, also nur mit großer Verzögerung operieren kann. Würde sich da bei verletzungsintensiven Sportarten nicht auch empfehlen, sich für ein anderes Mittel zu entscheiden.

Inzwischen kann die gerinnungshemmende Wirkung von allen oralen Antikoagulanzien kurzfristig aufgehoben werden.

Wir danken ihnen für das Gespräch!

Würdet ihr gern mehr zu Radsport und Gesundheit auf Rennrad-News lesen?

Die Inhalte auf www.rennrad-news.de zu Gesundheitsthemen sind nicht für die Erstellung eigenständiger Diagnosen oder für die Auswahl und Anwendung von Behandlungsmethoden zu verwenden. Die Informationen stellen keinen Ersatz für Beratungen und/oder Behandlungen durch Fachärzte dar. Bei allen individuellen Fragen und Entscheidungen rund um die Gesundheit sollten sich Patienten unbedingt an Ihren Arzt wenden und/oder ggf. andere Experten hinzuziehen.

Text: Michael Brendler / Foto: privat, Mr. Thinktank CC BY 2.0

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Autorengespräch und Verlosung: Flamme Rouge – Gedanken vor der Ziellinie

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“Viel mehr Qual und totalen Fokus” als sie erwartet hätten, fanden die Autoren des Buches “Flamme Rouge” vor. Sie interviewten Radprofis zu ihren Gedanken bei oder nach berühmten Zielsprints. Wir haben mit Daniel Lenz und Florian Summerer über die Recherche gesprochen – außerdem gibt es hier 3 Exemplare des Buches zu gewinnen.

Was fasziniert euch an der “Flamme Rouge”?

Florian: Auf den letzten 1.000 Metern entscheidet sich nicht nur das Rennen, nein, dieser Kilometer kann auch bildhaft für die gesamte Karriere eines Sportlers stehen. Das ist Drama pur, komprimiert auf wenige Minuten. Ein Ausreißer wird nur wenige Zentimeter vor der Ziellinie vom heran jagenden Feld gestellt – und verpasst womöglich die größte Chance seines Lebens. Oder: Die voll unter Adrenalin stehenden Fahrer stürzen, müssen deshalb womöglich eine Rundfahrt beenden, weil sie alles auf eine Karte setzten.

Daniel: Wir haben uns gefragt, was in den Köpfen der Fahrer vor sich geht. Das erfährt man eben nicht, wenn man ein Rennen am Fernseher sieht. Darüber sprechen manche Radprofis auch nicht gerne, weil es sie tief im Innersten berührt. Und das war die Grundidee des Buchs: Interessante, dramatische, skurrile Geschichten suchen und mit Profis und Ex-Profis im Gespräch rekapitulieren.

Unzählige Stunden bei Youtube, in der Hoffnung auf spannende, herausragende Finals.

Florian Summerer

Wie habt Ihr die Geschichten vorrecherchiert?

Florian: Das war eigentlich das Schwierigste. Die Geschichten, die wir suchten, kann man nicht googeln. Letztlich lasen wir sehr viele Radsportbücher aus diversen Jahrzehnten in der Hoffnung, da etwas zu finden. Aber da kommen natürlich häufig nur Storys zur Sprache, die viele Leser womöglich schon kennen. Deshalb verbrachten wir unzählige Stunden bei Youtube, in der Hoffnung auf spannende, herausragende Finals. Eine ebenfalls gute Quelle waren Gespräche mit anderen Journalisten-Kollegen, die sich an besondere Rennen erinnerten. Oder eben unser Nachmittag in der Küche von Artur Tabat, dem ewigen Veranstalter von “Rund um Köln”. Der kennt im Radsport so ziemlich jeden und so einige Geschichten!

Daniel: Uns war bei der Auswahl der Gesprächspartner wichtig, das Spektrum möglichst breit aufzufächern. Deshalb sprachen wir nicht nur mit den Weltmeistern Fabian Cancellara aus der Schweiz und Freddy Maertens, der in den 70ern eine schillernde Figur war. Auf der anderen Seite erzählte uns der Amateurfahrer Hermann Jungbluth, wie er bei “Rund um Köln” auf umstrittene Weise von Didi Thurau auf den letzten Metern überrumpelt wurde – eine Geschichte, die kaum einer bislang kannte. Natürlich schilderte Didi Thurau uns das Rennen ganz anders…

Hermann Jungbluth gibt preis, wie er von Thurau überrumpelt wurde
# Hermann Jungbluth gibt preis, wie er von Thurau überrumpelt wurde
Evaldas Siskevicius fuhr abgeschlagen ein Paris-Roubaix-Rennen zu Ende – seine Geschichte erzählt er im Buch
# Evaldas Siskevicius fuhr abgeschlagen ein Paris-Roubaix-Rennen zu Ende – seine Geschichte erzählt er im Buch

Thurau gilt als schwieriger Gesprächspartner.

Florian: Besonders, wenn es um heikle Themen gilt! Wir trafen ihn ganz mondän im Steigenberger Inselhotel am Bodenseeufer in Konstanz, den Ort hatte Thurau vorgeschlagen. Daniel sorgte sich: “Hoffentlich bestellt der nichts zu Essen!” Aber wir hatten Glück: Didi Thurau trank eine Johannisbeerschorle – wie immer, so erzählte uns der Kellner nach dem Interview. Ein alter Sportredakteur, der in den 70er und 80er Jahren den Radsport begleitet hat, insbesondere die belgischen Klassiker, hatte mir vor dem Interview von der angeblich verkauften Weltmeisterschaft in Venezuela erzählt. Und tatsächlich: Wenn man die Videos von damals betrachtet, sieht es tatsächlich kurz so aus, als würde Thurau im Zielsprint einen Tritt auslassen und den Sieg herschenken. Natürlich mussten wir ihn mit den Vorwürfen konfrontieren. Er schilderte uns dann frank und frei seine Sicht der Dinge. Überhaupt nahm er kein Blatt vor den Mund und legte eine gewisse Rauflust an den Tag, die man als Rennfahrer womöglich zueigen haben muss. Dennoch merkte man ihm immer noch den Stolz auf seine Erfolge und die Liebe zum Radfahren an.

Welche Gesprächspartner haben euch besonders fasziniert?

Daniel: Mir ist das Gespräch mit Philippa York besonders in Erinnerung geblieben, aus mehreren Gründen. Vor ihrer Geschlechtsumwandlung hieß sie Robert Millar, und der war bis zu den Erfolgen von Bradley Wiggins, Chris Froome und Geraint Thomas der erfolgreichste britische Radfahrer. Mit ihr sprachen wir über die Geschlechtsumwandlung, über einen legendären Berg, der ihr in den 1980ern einen riesengroßen Triumph und eine bittere Niederlage bescherte – und über ihren legendären Streit mit dem „Patron“ Bernard Hinault. Der junge Millar attackierte den Franzosen in einem Rennen, nachdem dieser dem Peloton befohlen hatte, langsam zu fahren. Hinault fuhr zu Millar auf und beschimpfte ihn als „little shit“ – worauf der Schotte erneut attackierte – was für ein Selbstbewusstsein!

Wie sich ein Sprint verändert hat, seit Fahrer wie Mario Cipollini nicht mehr dabei sind.

Florian: Ich erinnere mich gerne an unser Gespräch mit dem einstigen Sprinter Robert Förster, der wie ein Wasserfall redete. Er erzählte uns, worauf es bei Reifen ankommt, wie man einen Sprint gewinnt und wie sich dieser in den letzten Jahren verändert hat, seit Fahrer wie Mario Cipollini nicht mehr dabei sind. Spannend fand ich aber auch, wie es damals in den Bergen im Grupetto ablief. Förster wusste da viel zu berichten.

Gab es auch Absagen?

Daniel: Einige. Einer der bekanntesten Radprofis aller Zeiten verlangte viel Geld für ein Interview, was wir nicht zahlen konnten. Ein früherer Weltmeister hielt auch die Hand auf, das Geld haben wir gerne gezahlt, weil er nach seinem Karrierehöhepunkt zwischenzeitlich sein gesamtes Vermögen verloren hatte.

Florian: Wir haben auch Jan Ullrich angefragt. Wir wollten mit ihm über 2001 reden, als er nach einem brutalen Duell auf der Fahrt nach Luz Ardiden kurz vor der Ziellinie Lance Armstrong seine Hand reichte und so seine Niederlage eingestand. Sein PR-Berater sagte uns erst zu, doch dann schrieb er uns, dass ein Interview “aus gesundheitlichen Gründen” nicht möglich sei. Als wenige Tage danach die große “Ulle-Bombe” platzte und seine Drogensucht bekannt wurde, wussten wir, was er gemeint hatte.

Erik Zabel schrieb uns, dass er sich mittlerweile weitestgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen habe und sich damit sehr wohl fühle. Das mussten wir natürlich akzeptieren. Dennoch gab er uns wertvolle Tipps, wen wir an seiner Stelle ansprechen könnten.

Robert Millar erzählt über den Kampf mit dem Berg
# Robert Millar erzählt über den Kampf mit dem Berg
Trixi Worrack hat viel über Sprints beigetragen
# Trixi Worrack hat viel über Sprints beigetragen

Konntet Ihr denn überraschende Erkenntnisse gewinnen?

Florian: Natürlich! Ich hatte mir aus meiner eigenen Leidenschaft für das Radfahren gedacht, dass Leistungssportler diese womöglich sogar noch viel mehr verspüren. Doch mussten wir feststellen, dass dies häufig gar nicht so ist. Da ist viel mehr Qual und totaler Fokus im Spiel als ich das erwartet hatte. Die Sportler empfanden es als Vorteil, dass sie beim Radfahren überall trainieren können und nicht immer ins Hallenbad müssen wie die Schwimmer. Aber es steht eben eher die Leistung, das Training im Vordergrund, nicht die Freude am Radfahren, wie sie Hobbyfahrer wie wir empfinden können oder dürfen. Wobei dann ältere Fahrer wie Didi Thurau oder Freddy Maertens das vielleicht noch etwas spielerischer betrachten konnten. Denn sie konnten sich trotz immensem Trainingsaufwand offenbar eher auf ihr Talent verlassen als ihre Kollegen heute …

Hier könnt Ihr reinlesen:
https://www.book2look.com/book/fhETNBTCE6

Und hier könnt ihr gewinnen:

Flamme RougeNur noch 1000 Meter – Radprofis erzählen ihre Schicksalsmomentevon Daniel Lenz & Florian SummererHardcover, 272 Seiten im Format 24 cm x 16 cm22,00 €ISBN 978-3-95726-039-0
# Flamme RougeNur noch 1000 Meter – Radprofis erzählen ihre Schicksalsmomentevon Daniel Lenz & Florian SummererHardcover, 272 Seiten im Format 24 cm x 16 cm22,00 €ISBN 978-3-95726-039-0

Was war eure Lieblings-Zielankunft – auch persönliche Erlebnisse zählen. Schreibt es uns in die Kommentare unter allen, die kommentieren verlosen wir 3 Exemplare des Buches “Flamme Rouge”, die der Covadonga Verlag dafür zur Verfügung stellt*. Viel Glück!


*Die Regeln: Unter allen Teilnehmern, die sich an der Wahl beteiligen, verlosen wir 3 Bücher “Flamme Rouge”. Maximal ein Exemplar pro Teilnehmer, eine Antwort pro Teilnehmer zählt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen; Bekanntgabe der Gewinner und alle Angaben ohne Gewähr. Ausschluss der Teilnahme von Zweit- oder Fakeaccounts sowie Angestellten der Gewinnspiel-Auslober und deren Angehörigen vorbehalten. Durch die Teilnahme am Gewinnspiel entstehen den Teilnehmern keine weiteren Kosten. Das Gewinnspiel endet am kommenden Sonntag, den 22. Dezember 2019 um 24:00 Uhr. Der Gewinn wird durch den Covadonga Verlag zur Verfügung gestellt.


Hier lest ihr mehr zu Büchern auf Rennrad-News

Fotos: Jan Gathmann

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Rudy Pevenage Biografie: Jan Ullrichs Mentor “packt aus”

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Heute ist die Biografie von Jan Ullrichs Mentor Rudy Pevenage erschienen. Pevenage berichtet über flächendeckendes Epo-Doping bis hin zu Details wie doppelwandigen Cola-Dosen und Blutkonserven in Milchverpackungen. Und er erzählt von Rennabsprachen und gegenseitigen Gefälligkeiten, bei denen alle mitmachten, von Jan Ullrich bis zu den Sponsoren. Wir konnten bereits hineinlesen in das Buch “Der Rudy”, das bisher nur auf Niederländisch erschienen ist.

Vor dem Hauptgeschehen in “Der Rudy” steht wie im Rennen der Prolog. Er schildert geschickt die Aufdeckung des Fuentes-Skandals mit Jan Ullrich als vermeintlichen „Hijo di Ridicio“ aus der Sicht Pevenages. Wir erfahren noch einmal, was wir eigentlich schon wussten, dass auch Ullrich zu den vielen Kunden des spanischen Doping-Netzwerkes um Eufemiano Fuentes gehörte, wofür er später vor dem Sportgericht CAS verurteilt wurde. Und wir erfahren Details: Wie nicht nur Pevenage die Kommunikation mit fremden SIM-Karten verschleierte, sondern etwa auch Armstrongs Team BlackBerry-Verschlüsselung nutzte.

Das Buch, das der Journalist John van Ierland, als Biograf für Rudy Pevenage verfasst hat, hält nicht hinter dem Rücken mit Details über die Kultur des Dopings und der Manipulation im professionellen Radsport der 90er und 2000er. Es ist der Zeitraum, in dem Pevenage in wechselnden Funktionen sich um seinen Schützling Jan Ullrich kümmerte – und Jan Ullrich sich um Pevenage kümmerte, ihm Jobs besorgte, ihn auch dann noch als persönlichen Betreuer bei seinem Team ins Spiel brachte, als Pevenage dort in Ungnade gefallen war.

“Das ging dann über die möglichen Rennsituationen und ich gab ihm die Anweisungen von Cecchini und Fuentes durch. Das war es”

Rudy Pevenage

So durfte der ehemaige Sportliche Leiter bei Telekom, Pevenage, wie er schildert nach 2003 zwar nicht mehr innerhalb der Team-Strukturen operieren, traf Ullrich aber aber bei den Rennen abends im Hotel, um mit ihm über den bevorstehenden Renntag zu sprechen: “Das ging dann über die möglichen Rennsituationen und ich gab ihm die Anweisungen von Cecchini (zu der Zeit laut Buch Trainer von Ullrich, Anmerkung der Redaktion) und Fuentes durch. Das war es”, sagt er in dem Buch. Den Lohn für seine Arbeit im Hintergrund, habe er “schwarz” von Ullrich über Umwege ausgezahlt bekommen, heißt es. Für die Finanztransaktionen wird Pevenage später überführt.

Kaum etwas – neben den bekannten Blutdopingpraktiken – wird beim Hineinblättern in das Buch so deutlich wie die Verstrickung in Gefälligkeiten innerhalb der großen “Radsportfamilie”: Fausto Pinarello wird von Pevenage in einem mitternächtlichen Gespräch eingeschaltet, um italienische Teams zu bewegen, nicht mitzufahren, wenn Festina attackiert, wo Hauptwidersacher Virenque fährt. Übrigens geht es dabei just um die Etappe der Tour 1997, bei der Udo Bölts das legendäre „Quäl dich, du Sau“ losließ. Ulrich quälte sich tatsächlich durch die Vogesen, aber mit Atemproblemen wegen Husten. Tatsächlich halten sich die italienischen Teams zurück. Festina muss allein fahren und kann keinen entscheidenden Vorsprung erzielen. Hinterher macht Ullrich den Gefallen durch den Radsponsor wieder gut, indem er Abraham Olano (zu der Zeit Fahrer des Team Banesto auf Pinarello) das zweite Zeitfahren gewinnen lässt. Ullrichs Toursieg 1997 – auch ein Produkt von Vetternwirtschaft?

Auch vom Präsident des Weltradsportverbandes UCI persönlich gab es laut Pevenage Gefälligkeiten. So soll Hein Verbruggen Pevenage persönlich angerufen haben, damit “der Jan” eine Ausrede findet, um nicht bei der Tour de France 2006 an den Start zu gehen. “Der Jan muss einen Sturz vortäuschen, damit er so tun kann, als ob er einen gebrochenen Arm hat. Er sollte auch zu Hause bleiben. Lass ihn nicht zur Tour fahren!”, soll Verbruggen gesagte haben. Bei dieser Tour, erhält Pevenage vor dem Prolog die Kündigung von T-Mobile, weil Gespräche zwischen ihm und Fuentes abgehört wurden. Jan Ullrich wird von der Tour ausgeschlossen.

“Rudy wusste im Detail, wie die meisten anderen Teams und Fahrer ihre Vorbereitung auf die Tour de France 2006 trafen, vor allem, weil er alle Codenummern der 211 Blutbeutel im Gefrierschrank in Madrid (bei Fuentes) kannte, auch, welche Fahrer Kunde waren, schreibt Ierland. Auch Fußballspieler seien darunter gewesen.

“Die Blutbeutel wurden sorgfältig in leere Milchkartons verpackt”

Rudy Pevenage

Wie die Verteilung der Blutbeutel zur Leistungssteigerung vor sich ging, hatte Pevenage bei der Tour 2004 selbst erlebt: “Die Blutbeutel wurden sorgfältig in leere Milchkartons verpackt und mit einem Code versehen. Der Plan war, dass sie kurz nach dem Abendessen in den Hotels zu den Fahrern gebracht werden”, heißt es im Buch: “Jeder im Profi-Radsport wusste, wie das System funktionierte.” Kurier sei der Profi Alberto León, Deckname Alí Babá, gewesen, der als Tourist verkleidet auf dem Mountainbike mit dem Rucksack herumfuhr.

Noch eine Geschichte: Bei der Tour 1998, „Le Tour Noir“, fand die französische Polizei Dopingsubstanzen im Auto des belgischen Willy de Floet bei Festina. Jan Ulrich kann die Skandaltour nicht gewinnen. Und Pevenage deutet an, dass das auch daran lag, dass Pantani als Antwort auf die rigorosen Durchsuchungsmethoden der Polizei einen Fahrerstreik empfahl – Pevenage zu Folge war es Usus, dass die Mannschaften ihr Vorgehen abstimmten und der Führende einer Rundfahrt das erste Wort hatte. Just auf der letzten Etappe, auf der Ulrich attackieren konnte, machte sich Pantani aber für den Streik stark, der zur Annullierung der Etappe führte.

Das Buch “Der Rudy – Biografie Rudy Pevenage” von John Ierland ist erschienen im Amsterdamer Verlag JEA auf Niederländisch. www.bijzondereboeken.nl


Hier lest ihr mehr zum Thema Doping auf Rennrad-News

Infos: Redaktion / Foto: Verlag

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Fabian Cancellara im Interview: “Schön ist es, wenn du darüber fliegst!”

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Als Radprofi hatte Fabian Cancellara einen einzigartigen Stil. Konkurrenten sagten, sie wussten, dass es hart würde, wenn sie seinen Rücken in einer bestimmten Haltung sahen. Mit 3 Siegen bei Paris-Roubaix und 3 bei der Flandernrundfahrt ist Cancellara einer der größten Kopfsteinklassiker-Jäger des Radsports – neben seinen zwei Olympischen Goldmedaillen und Erfolgen als Zeitfahrer und weiteren Monumenten in den Palmarès. Nach seiner letzten Saison als Profi in 2016 bringt er seine Erfahrung im Rennradsport als Berater weiter ein; zuletzt in einer Kollektion für Gore Wear. Wir konnten Fabian Cancellara aus der Ferne interviewen: zu Tipps für das Bewältigen von Klassikern, seinem Verhältnis zu Kopfsteinpflaster sowie über das Radfahren allgemein und in Zeiten von Corona im Speziellen.

Rennrad-News: Hallo Fabian, wie ist die Situation rund um Corona momentan an deinem Zuhause in der Schweiz?

Fabian: Ich glaube, es geht in Europa und der Welt im Grunde mittlerweile allen gleich. Wir haben jetzt in der Schweiz keine Ausgangssperre, wir haben Social Distancing, die Geschäfte und Restaurants sind geschlossen, die Fahrradgeschäfte sind aber nicht zu (lacht). Man kann immer noch raus, Kinder können auch raus, aber eben nicht viele Kinder auf einem Haufen.

Cancellara hat zuletzt eine Rennrad-Kollektion zusammen mit Gore Wear entwickelt, die eigentlich im Vorfeld der Flandernrundfahrt in Belgien vorgestellt werden sollte.
# Cancellara hat zuletzt eine Rennrad-Kollektion zusammen mit Gore Wear entwickelt, die eigentlich im Vorfeld der Flandernrundfahrt in Belgien vorgestellt werden sollte.

Manche Hersteller rufen dazu auf, das Rad stehen zu lassen? Was denkst du darüber?

Wenn ich alleine Radfahren gehe, dann sollte das ja kein Problem sein. Ich bin natürlich kein Mediziner. Darf man in den Wald joggen gehen? Ich weiß nicht. Das letzte, was man mir wegnehmen kann, ist eigentlich die Natur, dass man nicht mehr mit der Natur in Berührung kommen würde, das wäre das Brutalste in meinen Augen. Zuhause sitzen und Däumchen drehen, das wird sicher für Viele ein Problem. Es hat nicht jeder zuhause ein Laufband oder eine Rolle. Ich denke, diejenigen, die eine Rolle haben, werden sich sicher jetzt online vergnügen, aber wenn man so etwas nicht hat, ist es sicher nicht einfach. Ich denke, wir sind in der Schweiz noch gut bedient, wir haben auch gewisse Restriktionen, an die wir uns halten. Ich muss mal schauen. Ich war im Winter viel unterwegs. Es wird schwierig, mich auf die Rolle zu bringen, wenn wir draußen 15 oder 18 Grad haben so wie jetzt.

Ich weiß natürlich als Profi, wie intensiv eine Stunde auf der Rolle sein kann, es kann sein wie 2 bis 3 Stunden draußen rumfahren. Ich sehe es als Kombination. Aber, ganz ehrlich, jetzt wäre ich lieber draußen.

Nur damit man eine grobe Vorstellung über deine Wissensbasis bekommt: Was schätzt Du, wieviel Kilometer bist Du schon auf Pavé gefahren – nicht nur bei Paris-Roubaix?

Mmmhh, schwierig (lacht). Nein. Also, ich bin schon etliche 100 km auf Pflaster gefahren, kann gut sein, dass ich über 1.000 Kilometer gefahren bin.

An seinem Wohnort nahe Bern findet Cancellara das Pflaster "okay"
# An seinem Wohnort nahe Bern findet Cancellara das Pflaster "okay" - Foto: ©Phil Gale

Magst Du Kopfsteinpflaster?

Im Training nicht. In Bern, wo ich wohne, hat’s ja auch Kopfsteinpflaster, das ist (zögert) okay. Aber in Belgien und in Roubaix, das sind schon nochmal ganz andere Welten. Roubaix ist ja ein Pflaster, das man eigentlich nicht fährt, weil die Wege zum Teil auf Ackern sind. Und Flandern, das kannst du fahren, ist kein Problem. Du musst halt schauen, wieviel Luft du in deinen Reifen hast.

Stell Dir vor, du hättest einen Freund, der die Jedermann-Version von Paris-Roubaix fahren will – was würdest Du ihm mit auf den Weg geben?

Gut, der sollte natürlich schon ein bisschen Kilometer gemacht haben im Winter. Ein paar Skills wären auch nicht schlecht Vom Material her sollte er natürlich einen breiten Reifen haben, also mit 23 mm müsste er da nicht auftauchen. Ich denke, 28 mm wäre das Mindeste, 30 mm wären besser für jemand, der da das erste Mal mitfährt. Natürlich nicht zuviel Luft, zuviel Luft ist nicht förderlich, anständige Fahrradklamotten anziehen, wenn das Wetter schön ist, am besten meine neue Kollektion (lacht). Wichtig ist auch, dass er sich nicht zu sehr auf dem Rad versteift. Der Lenker sollte nicht mit voller Kraft gehalten werden, denn sonst geht die Kraft in den Armen verloren. Dann versteift sich der ganze Körper und er verliert zu viel Energie beim Fahren. Und vor allem Freude, Spaß: Nicht zu krasse Emotionen aus dem Profi-Rennen auf die eigene Fahrt übertragen. Der Profi, der fährt voll. Aber wenn jemand Paris-Roubaix zum ersten Mal fährt, dann soll er auch etwas von dem Feeling mit nach Hause nehmen, das er dort erlebt.

Zuviel Luft ist nicht förderlich.

Wo anfassen, um Schmerzen zu vermeiden? Oberlenker, Unterlenker, Bremsgriffe?

Am besten so machen, wie man persönlich am besten fährt. Ich bin der Typ Oberlenker gewesen. Ich kannte ja die Bremspunkte. Es ist wichtig, dass jeder dort seinen Weg findet. Die Sprinterposition im Bogen des Unterlenkers ist wahrscheinlich das Einfachste und Sicherste. So kann man verhindern, dass man in der Kurve die Bremshebel verliert, also mit den Händen abrutscht.

Und man muss natürlich schon vorausschauend fahren. Das ist es ja, warum man im Rennen vorne fahren muss. Es lauern überall unerwartete Gefahren. Bei Paris-Roubaix kann man auf dem Randstreifen links und rechts schon etwas Kraft sparen, wenn man da fährt, aber es hat schon seine Lücken und Tücken darin und ruckzuck ist dein Rennrad defekt, also mit einem Platten oder einer Felge, die kaputt geht.

Die schönen Momente sind die, wenn es einfach läuft, wenn du darüber fliegst.

Was ist Deine schönste Erinnerung an einen Kopfsteinpflaster-Klassiker?

Die schönen Momente sind die, wenn es einfach läuft, wenn du darüber fliegst, wenn du gar nicht spürst, was eigentlich die Härte des Rennens ist. Dann kommt da noch die Konzentration dazu, der Flow, in dem man sich befindet, aber die gibt es als Zugabe. Dieses Gleiten über das Pflaster, die perfekte Abstimmung zwischen Trittfrequenz, Power, Position und der Speed, den man da entwickeln kann, das ist schon eine schöne Erinnerung, wenn man daran zurück denkt. Ob es jetzt der Sieg oder eine bestimmte Attacke ist, das ist alles zusätzlich, aber diese Perfektion das ist das Grundelement, wenn man das erreicht, ist das schon eine Wahnsinnserinnerung, die man mitnehmen kann.

…eine bestimmte Attacke?

Nein, wenn das Gefühl der Perfektion da ist, dann läuft es auch. Eine Attacke ist immer hart, aber wenn dieses Zusammenspiel da ist, dann läuft’s. Ich sage nicht, dann macht es noch mehr Spaß! Aber dann weißt du, dass es dann ganz hart wird für die anderen, die da am Hinterrad hängen. Es ist auch eine psychische Komponente, die da herein spielt. Klar, wenn du 45 km vorne weg fährst oder von hinten das Feld aufrollst oder in entscheidenden Situationen einfach da bist oder einen Sieg raus fährst – alleine ins Velodrom einzurollen ist natürlich ein Riesen-Highlight –, aber das kommt dann, ich will nicht sagen von alleine, aber wenn das perfekte Zusammenspiel da ist, wenn du die Basis dafür gelegt hast, dann machst du das Pflaster zur normalen Straße, das ist es.

Dann machst du das Pflaster zur normalen Straße.

Egal, welches Rad?

Die mentale Komponente ist schon sehr, sehr wichtig. Man kann heute Paris-Roubaix gewinnen mit spezifizierten Rennrädern oder nicht. Man hat in den letzten Jahren gesehen, wie viele Teams Reifenbreiten verändert haben, wieviele ein spezifisches oder eben nicht spezifisches Rad vom Hersteller hatten. Es ist glaube ich auch da wieder sehr individuell.

Was ist die schlechteste Erinnerung an einen Kopfsteinklassiker?

Wenn es geregnet hat. Dann die schwierigen Passagen zu fahren, wenn sich Schlamm auf der Straße gesammelt hat, der Mix aus Trockenheit und Schlamm oder feuchtem Boden, das ist das, was man nicht gern hat. Das ist nicht kontrollierbar.

Was denkst du, wer dieses Jahr Paris-Roubaix gewänne, wenn es stattfinden würde?

Also, ich denke, da wird nichts mehr stattfinden bis Ende April. Darum habe ich mir auch keine Gedanken mehr gemacht um das „Wenn“ und „Was wenn“ bei den Klassikern. Vielleicht gibt es ja eine Flandernrundfahrt Mitte November, kann ja sein, weiß man nicht. Keiner weiß, was kommt. Es ist, wie es ist.

Welche Fahrradtechnik hat für dich das Fahren auf dem Kopfsteinpflaster am stärksten verändert?

Der Einsatz von Carbon statt Aluminium an den Laufrädern und an den Rahmen hat schon das Meiste verändert. Woran viele nicht sofort denken, ist die Länge der Räder, also der längere Radstand. Was für mich aber gar nicht geht, ist eine Federgabel, das ist ein No-Go.

Eine Federgabel, das ist ein No-Go.

Was denkst du über die aktuelle Technik im Radsport?

Ich finde es spannend, wie sich der ganze Markt entwickelt hat, egal, ob das Trek, Specialized oder BMC oder Castelli, Santini oder Gore ist. Ich konnte das jetzt bei Gore aus einer anderen Perspektive die letzten drei Jahre miterleben (Cancellara ist Markenbotschafter und unterstützt bei Entwicklungen). Es ist nicht so, wie man sich das vorstellt, dass ich in der Welt rumreise und von Marken erzähle, sondern, dass ich meine Expertise in Projekte einbringe. Ich werde sicher kein Ingenieur, aber ich rede mit den Ingenieuren und wir setzen gemeinsam Neues um. Das ist für mich spannend, ich lerne viel. Ich musste lernen, dass Radkleidung nicht von heute auf morgen auf meinem Tisch liegen kann, sondern, dass das Engineering auch bei Kleidung ein aufwendiger Prozess ist.

=> Hier findet ihr die Vorstellung der Cancellara-Kollektion auf Rennrad-News

Wärst Du gern nochmal jünger und würdest gegen MvdP fahren?

Es geht ja nicht, das ist schon mal das Eine. Aber: gleiches Alter, gleiche Situation, warum nicht, wäre sicher mal cool. Ich mache mir jetzt keine Gedanken darum. Ich genieße es fast mehr, ihm zuzuschauen, wie er seinen Weg geht und wie er jetzt die Rennen gewinnt.

Er kommt ja vom Cyclo-Cross. Bist du selbst Cyclo-Cross gefahren?

Als Junge, ja!

Glaubst du die Cyclo-Cross Erfahrung einer jungen Generation von erfolgreichen Radprofis wie Pidcock, Van Aert, Stybar oder eben Mathieu van der Poel spielt eine Rolle?

Ich denke, die Fahrtechnik ist sicher sehr entscheidend. Und auch die Intensität des Trainings hat einen Teil dazu beigetragen, dass aus dieser Sparte Leute ihren Weg im Straßenradsport gefunden haben. Die Jungs trainieren ja auch gewisse Radumfänge allgemein, aber die Intensität ist eben über eine Stunde. Es ist im Grunde wie ein Zeitfahren, aber ein Zeitfahren, aus dem attackiert wird. Zeitfahren ist eine Pace, Cyclo-Cross ist auch eine Pace, aber mit Attacken und Rhythmuswechseln über die ganze Zeit. Man hat ja gesehen, dass die so gut aus dem Winter kommen, dass sie bei den Klassikern ganz vorne mitfahren können.

Richtig angefangen hat es mit dem Fahrrad meines Vaters.

Wie hast Du das Radfahren gelernt, erinnerst Du Dich?

Ich bei einfach vor dem Haus meiner Eltern gefahren, erst mit Stützrädern, dann ohne, ich bin einfach immer gefahren. Richtig angefangen hat es mit dem Fahrrad meines Vaters. Es stand in der Garage und ich habe ihn gefragt, ob ich es gebrauchen dürfe. Und er hat gesagt, ja klar, hier, kannst’ nehmen, aber bleib auf dem Rad und trage Sorge um es.

Und was war Dein erstes Fahrrad?

Meinst du das erste Profi-Rennrad…

…nein, Kinderrad.

Pffff. Nein, das ist schon lange her. Ich hatte mal so ein buntes Rad mit diesen poppigen Farben, Leuchtgelb-Leuchtorange, das weiß ich noch.

Zum Schluss unsere 3 Entscheidungsfragen:

In der Stadt: Hollandrad oder Fixie?

Ja, dann Fixie.

Nach dem Rennen: Kuchen oder Pommes?

Beides (lacht).

Es regnet: Überschuhe oder Zwift?

Das ist gemein. Äh, Shakedry. Nein, im Winter Zwift, im Sommer Überschuhe.


Hier lest ihr mehr zu Fabian Cancellara auf Rennrad-News

Interview: Jan Gathmann / Fotos: Gore, siehe Foto

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Auf ein paar Worte mit Jonas Deichmann : “Ich fahre Rolle vor der weißen Wand”

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Jonas Deichmann hat vor kurzem einen Triathlon um die Welt angekündigt. Mit der Verbreitung von COVID-19, Quarantäne-Regeln und der Schließung vieler Grenzen muss auch er seine Vorbereitung für Start im September neu ausrichten. Wie er sich umstellt und fit hält, darüber haben wir für unsere Kurz-Interview-Reihe “Auf ein Wort” mit ihm am Telefon geredet.

Hallo Jonas, wie geht es dir?

Mir geht es gut, danke.

Du wohnst in der Schweiz, gibt es dort noch Klopapier?

Ja, es gibt hier überall noch Klopapier.

Du planst, im September zu einem Ultra-Triathlon rund um die Welt zu starten, 120-fache Ironman-Distanz und sehr viele Grenzüberquerungen. Wie beeinflusst die Corona-Krise dein Vorhaben?

Ich mache mir natürlich schon Gedanken. Aktuelle sehe ich eine 50:50-Chance, dass ich im September starten kann. Ich trainiere ganz normal weiter. Durchführen werde ich das Projekt auf jeden Fall. Wenn nicht im September, dann eben im April. Nach September ist das Mittelmeer erst einmal zu kalt, um darin zu schwimmen. Im Juli werde ich entscheiden.

=> Hier findet ihr die Infos zu Jonas geplantem Triathlon-Weltrekord

Du erwähnst das Schwimmen. Du willst auf einer Etappe 465 km Schwimmen. Derzeit haben alle Schwimmbäder geschlossen. Wie trainierst du, oder bist du so ein guter Schwimmer?

Nein, ich bin gar kein guter Schwimmer. Manche Leute, die mich kennen, fragen, wie ich mir das vorstelle, wo ich doch kein guter Schwimmer sei, trotzdem diese Distanz zu schaffen. Ich sehe es eher als Vorteil. Bei so extremen Distanzen sind 95 Prozent des Erfolges Kopfsache, Mindset, wie man international sagt. Da unterscheidet sich das Radfahren nicht vom Schwimmen. Ich weiß, wenn ich 5 km Schwimmen kann, dann schaffe ich auch 500 km.

Und wie trainierst du?
Ausgerechnet Schwimmen kann ich jetzt nicht trainieren. Ich habe deshalb ein Fitness-Training für den Oberkörper in mein normales Trainingsprogramm aufgenommen. Das führe ich 4x in der Woche auf der Terrasse durch, es ist Indoor tauglich.

Darfst du denn an deinem Wohnort draußen trainieren?
Ja, in der Schweiz darf ich alleine noch draußen trainieren und das tue ich auch.

Wie?
Wie erwähnt mache ich 4 mal pro Woche das Oberkörper-Training, das habe ich neu in mein Training aufgenommen. Außerdem laufe ich 4x bis 5x meine 20-Kilometer-Runde. Die führt mich auch in die Berge, so dass ich dafür rund 2 Stunden unterwegs bin. Und natürlich mehrere Fahrradtouren pro Woche, die zwischen 120 km und 200 km lang sind.

Gibt es einen Unterschied zu Vor-Corona-Zeiten?
Der große Unterschied ist, dass ich nicht weiß, wofür ich trainiere. Also, ich weiß schon genau wofür, aber ich kenne den Termin nicht genau. Sonst habe ich immer einen genauen Zeitpunkt, auf den ich mich vorbereite, an dem sich alles orientiert. Das ist schon ein Unterschied.

Du sagst, 95 Prozent so einer Extremleistung – zuletzt hast du den Rekord von Kap zu Kap auf dem Rad eingestellt – sind Kopfsache. Kann man das Mindset auch trainieren?
Schon. Für mich sieht eine Mindset-Trainingseinheit so aus: Ich stelle meinen Indoor-Radtrainer vor eine weiße Wand. Keine Musik, kein TV, kein Zwift, nichts, das mich ablenkt. Dann stelle ich mir den Timer auf 10 Stunden. Und wenn die 10 Stunden vorbei sind, steige ich vom Rad. Das ist richtiges Mindset Training.

Keine Musik, kein TV, kein Zwift.

An was denkst du dann so?
Ich denke viel über meine nächsten Projekte nach. Ein Geheimnis ist, dass man immer positiv bleibt. Ich denke zum Beispiel auch oft an die Highlights meiner bevorstehenden Projekte. Ich freue mich etwa darauf, bei meinem nächsten Projekt über den Atlantik zu segeln. Das wird sicher ein Highlight. Aber am meisten freue ich mich auf den Lauf quer durch die USA. Einer meiner ersten Lieblingsfilme war Forrest Gump. Und ich habe die Route so gelegt, dass ich an einem entscheidenden Schauplatz des Films vorbeilaufe. Das kann ich kaum erwarten.

Danke dir für das Gespräch!

Demnächst wird Jonas auf Rennrad-News zeigen, wie er seinen Oberkörper fit hält für die anstehende Herausforderung.

Welche Fragen würdet ihr Jonas Deichmann gerne stellen?


Hier lest ihr mehr über Ultra-Cycling auf Rennrad-News

Gespräch: Jan Gathmann / Fotos: Jonas Deichmann

Dieser Beitrag Auf ein paar Worte mit Jonas Deichmann : “Ich fahre Rolle vor der weißen Wand” wurde zuerst auf Rennrad-News veröffentlicht.

Aktion für Corona-Helfer: Jan Frodeno finished Ironman zuhause

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Jan Frodeno hat einen Ironman zuhause gefinished. Die 180 km auf der Rolle, 42,2 km auf dem Laufband und 3,86 km Schwimmen in der Gegenstromanlage schaffte er in einer Zeit von 8:33:40.

Der dreifache Sieger des Ironman Hawai Jan Frodeno hat zuhause einen Ironman geschafft. Mit der spektakulären Aktion wollte der deutsche Spitzen-Triathlet Spenden sammeln. Laut eigenen Angaben kamen dabei 200.000 Euro zusammen. Mit den Geldern sollen Helfer an Frodenos Wohnort Girona unterstützt werden. Im katalanischen Girona leben und trainieren viele Radprofis.

Unterstützt wurde Jans #triathome Fundraising-Kampagne auch von seinen Radsponsor Canyon. Der Direktanbieter spendete ein Speedmax CF SLX 8.0. Das Triathlon-Rad wurde über die für das Event eingerichtete Webseite für 10.000 Euro verkauft. Es hat exakt das gleiche Design wie das Arbeitsgerät, mit dem Jan die Saison 2020 bestreitet.

Auf der Spendenseite können Interessenten nach wie vor den Kampf gegen das Coronovirus in Spanien unterstützen, indem sie gesponserte Sportartikel direkt kaufen oder Lose für ein Trainingswochenende mit Frodeno erwerben. Hier geht es zur Spendenseite.

>Was ist eure längste Trainingseinheit zuhause bisher?

Infos: Redaktion, Canyon / Fotos: Canyon

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Interview – Gunnar Fehlau über Bikepacking: „Fahr nicht mit Arschlöchern“

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Bikepacking, was ist das überhaupt? Und wie geht das? Und warum reden gerade jetzt so viele Leute darüber? Das haben wir einen Menschen gefragt, der sich damit auskennt wie wenige: Gunnar Fehlau, der eine Art Bikepacker der ersten Stunde in Deutschland ist und mit Overnighter.de den Blog zum spontanen Bikeausflug über Nacht betreibt. Wir haben ihn auf Durchreise mit dem Rad gesprochen – so konnte er neben seinen überraschenden Einsichten und Ansichten zum Thema auch Einblick auf seine Ausrüstung geben.

Rennrad-News: Du bist mit dem Rad hergekommen. Wo kommst du jetzt her?

Gunnar Fehlau: Aus der Nähe von Walldorf.

Und du warst jetzt unterwegs …?

Genau! An Christi Himmelfahrt dürfen die einen Väter saufen, die anderen Väter arbeiten. Ich hatte einen TV-Dreh in der Nähe von Landau und dann hab’ ich mir gedacht, „wenn du schon arbeiten musst am Feiertag, dann radelst du wieder nach Hause“ und hab mir mein Gravelbike vollgepackt, dann haben wir unseren Termin gemacht in Fahrstil-Angelegenheiten (ein lesenswertes Radkultur-Magazin, der Setzer) und da habe ich mir gesagt, „das fügt sich alles, das sind zirka 100 Kilometer dazwischen, das kannst du eigentlich gut fahren“. Dann fahre ich heute noch mit dem Fotografen, dem Kay, ab Frankfurt noch ein Stück und dann hab ich noch den Samstag und den Sonntag, um wieder nach Göttingen zu kommen und dann war das auch wieder ein schönes Meilen-Wochenende!

Wir hatten einfach Bock von zu Hause wegzugehen und hatten irgendwie Räder und haben uns unser Pfadfinder-Zeug geschnappt und sind in den Wald gefahren.

Dann kommen wir auch schon zum nächsten Punkt. Du machst ja den Overnighter-Blog – kannst du kurz schildern, wie sich das Bikepacking in Deutschland entwickelt hat? Du hängst da ja auch schon mit drin als Organisator.

Naja, ich sag mal so: Für mich gibt es da zwei Epochen. Es gibt diese Epoche, wo man es gemacht hat ohne diesen Namen zu geben und ohne, dass es spezielle Ausrüstung dafür gab. Ich war schon mit Kumpels mit 15, 16 irgendwie eine Nacht im Wald. Wir hatten einfach Bock von zu Hause wegzugehen, hatten irgendwie Räder und haben uns unser Pfadfinder-Zeug geschnappt, sind in den Wald gefahren oder an den Baggersee und haben gehofft, dass es keinen Ärger gibt und dann wieder nach Hause gefahren.

gunnar fehlau interview (3 von 17)
# gunnar fehlau interview (3 von 17)

Das Ding hatte keinen Namen, außer mit den Kumpels eine coole Zeit haben. Jetzt hat es halt ein paar Begriffe, die es ja in jeder Subkultur braucht – damit es klar ist, worüber man redet, werden die Sachen operationalisiert, jede Szene hat ja ihre Fachsprache.

Das wiegt am Ende gar nicht viel. Das sind wahrscheinlich zusammen keine acht Kilo – inklusive Kamera, Handy und Ladekabel.

Aber was man sehen kann: Dieses „besser ein Spatz in der Hand als eine Taube auf dem Dach“ auch auf der Reise- und Erlebnisebene, das geht glaube ich in die Breite. Also ich meine, wir haben alle irgendwann mal von der Weltreise mit dem Fahrrad geträumt oder mit dem Van alle Bikeparks in Wales abfahren oder nach Amerika fliegen, sich ein Wohnmobil kaufen und sich erstmal in Whistler einnisten; jeder hat ja seine Träume, die mit viel Distanz, mit viel Weite und viel Laufzeit zu tun haben, aber dann auch mit einer großen Hemmschwelle, sie umzusetzen.

Zum Interview reiste er mit seinem selbst aufgebauten Randonneur an. Inklusive Ausrüstung wiegt das Gefährt 22 Kilo. Was in den Taschen ist, erklärte er auch
# Zum Interview reiste er mit seinem selbst aufgebauten Randonneur an. Inklusive Ausrüstung wiegt das Gefährt 22 Kilo. Was in den Taschen ist, erklärte er auch

Bikepacking kam ja am Ende mit dieser Idee von Micro-Adventure oder Overnighter als Begriff für „eine Nacht mal eben raus“, das ist ja verdammt hemmungslos, das kann ja sofort losgehen, du brauchst ja erstmal nichts Spezielles dafür. Natürlich kannst du die Kreditkarte glühen lassen, da gibt es viele tolle Sachen, aber am Ende schnappst du dir einen alten Pfadfinder-Schlafsack, eine alte Isomatte, nimmst deinen alten Transalp-Rucksack, zurrst das da irgendwie fest, machst ‘ne Trinkflasche ans Rad und dann steckste dir noch drei Riegel in die Trikottasche und dann gehts los.

Das passt dann auch perfekt zum aktuellen Thema Urlaub zu Hause oder?

Ich sehe es so! Ich hab das sowieso schon während Corona abends mal zu meiner Frau gesagt: „für mich hat sich nicht viel geändert“. Ich gehe die sechs Stufen ins Büro, hab immer schon Homeoffice gehabt, nur die Kollegen sind nicht da und ab und zu gehe ich einkaufen. Aber viele wollen jetzt noch sagen: Ich will was Kleines, was „Sicheres“, Kontrollierbares. Etwas, wo ich auch nicht von der Bundesregierung zurückgeflogen werden muss, weil irgendwas aus den Fugen gerät, sondern nur einfach und schnell raus – und da ist natürlich die Idee mal eben mit dem Rad rauszufahren, auch auf den Campingplatz oder man kann das ja auch mit einem Landgasthof kombinieren, es muss ja nicht immer ohne Dusche sein. Das kann ja auch mit Spa abends funktionieren, da bin ich nicht kleinlich oder fundamentalistisch.

gunnar fehlau interview (15 von 17)
# gunnar fehlau interview (15 von 17)
Schmidts Original Nabendynamo (S.O.N.) liefert die Energie für die diversen Verbraucher
# Schmidts Original Nabendynamo (S.O.N.) liefert die Energie für die diversen Verbraucher
Nachts auch für den Busch und Müller IQ-X-Scheinwerfer, der tarnmäßig abgeklebt wurde
# Nachts auch für den Busch und Müller IQ-X-Scheinwerfer, der tarnmäßig abgeklebt wurde
Gunnar fährt tubeless. Er nutzt nur noch gut greifbare  Ventilschrauben, nachdem er einmal bei einem Platten das Ventil nicht mehr ausbauen konnte, um einen Schlauch einzusetzen
# Gunnar fährt tubeless. Er nutzt nur noch gut greifbare Ventilschrauben, nachdem er einmal bei einem Platten das Ventil nicht mehr ausbauen konnte, um einen Schlauch einzusetzen
Die mechanischen Paul Flat Mount Klamper Bremsen sind nur zum Teil der einfacheren Handhabung auf Reisen geschuldet, es sind auch einfach Liebhaberteile
# Die mechanischen Paul Flat Mount Klamper Bremsen sind nur zum Teil der einfacheren Handhabung auf Reisen geschuldet, es sind auch einfach Liebhaberteile

Du bist ja mit dem Rad hier. Können wir gerade mal draufgucken, was du für spezielle Ausrüstung dabei hast?

Naja, für die Tour habe ich jetzt nichts Spezielles. Ich habe einmal den Taschensatz dran, in dem ich die normalen Sachen drin habe wie einen Schlafsack, Isomatte, einen ganz leichten Biwaksack, einen Mini-Gaskocher, eine 100 Gramm Kartusche, Titanbecher und die Thai-Nudelsuppe für den Notfall. Das wiegt am Ende gar nicht viel, bisschen Flickzeug und Klamotten, das sind wahrscheinlich zusammen keine acht Kilo – inklusive Kamera, Handy und Ladekabel. Ansonsten habe ich noch eine Rahmentasche, Satteltasche, zwei Feedbags (wo vor allem Snacks und Getränke für die Fahrt lagern, der Setzer) am Lenker und einen Flaschenhalter an der Gabel. Ein relativ normales Setup, würde ich sagen.

Angenommen ich würde jetzt anfangen, würde mir ein Gravelbike kaufen und will jetzt loslegen. Was muss ich mir zuerst kaufen? Brauche ich direkt so eine Rahmentasche oder womit fange ich da an?

Nein, müssen tust du nichts! Es geht ja darum, dass alles etwas leichter von der Hand geht. Ich würde erstmal sagen, dass du nichts kaufen musst. Also klar, Isomatte und Schlafsack brauchst du natürlich, wenn du draußen pennen willst. Ab dann beginnt im Prinzip schon das “glamping” (kurz für Glamour Camping, der Setzer) ob man jetzt noch eine Stirnlampe mitnehmen will, oder ob man einen Kocher mitnimmt oder nicht. Ich würde erstmal sehen, dass ich es mit alter Ausrüstung ausprobiere, oder von Kumpels was leihen kann.

Ich würde erstmal sehen, dass ich es mit alter Ausrüstung ausprobiere.

Den Fehler den man meistens macht ist, dass man am Anfang irgendwas kauft und zu sagen, „ich brauche es ja nicht so teuer“. Dann kauft man irgendwas in der mittelpreisigen Klasse – und wenn man dann noch länger dran bleibt, denkt man sich, „hätte ich doch bloß die wasserdichtere Tasche gekauft“ oder „hätte ich mir doch den echt leichten Schlafsack gekauft“.

Rahmenbauer Stolz nahm mit seinen Werken schon am Concoursvelo in Basel teil
# Rahmenbauer Stolz nahm mit seinen Werken schon am Concoursvelo in Basel teil
Der Rahmen ist für den Transport mit S & S-Kupplungen zerlegbar
# Der Rahmen ist für den Transport mit S & S-Kupplungen zerlegbar

Und dann hat man auf dem Weg zur Erkenntnis drei Produkte gekauft – das ist ja eigentlich für das Portemonnaie, für die Ressourcen dieses Planeten und für einige andere Aspekte ein relativ toxischer Konsum. Also ich würde eher sagen, dass man einen Moment länger warten soll und sich genau überlegen soll was man braucht, ob man es wirklich braucht und dann was wirklich Gutes kaufen.

Du hast ja für dich ein selbstgebautes Bikepacking-Rad, gibt es das perfekte Rad dafür?

Aus meiner Sicht gibt es philosophisch zwei Antworten. Das perfekte Rad ist das, das du hast. Also in dem metaphorischen Sinne das lieben, was ist – akzeptieren, was da ist, sprich das perfekte Rad ist das, auf dem du gerade sitzt, denn: Es wird sich nicht verwandeln, insofern ist es erstmal das Richtige.

Am Cockpit herrscht Fülle: Vor dem Auflieger müssen noch die Food-Taschen platziert werden für schnelle Nachfuhr der verbrauchten Kalorien
# Am Cockpit herrscht Fülle: Vor dem Auflieger müssen noch die Food-Taschen platziert werden für schnelle Nachfuhr der verbrauchten Kalorien
So muss Custom-Vorbau: Ein  Syntace VRO dient zur Befestigung und einfachen Verstellung des Aero-Aufliegers
# So muss Custom-Vorbau: Ein Syntace VRO dient zur Befestigung und einfachen Verstellung des Aero-Aufliegers

Umgekehrt kann man natürlich schon sagen, dass der Markt da mittlerweile sehr ziseliert ist und du schon für viele Anwendungen sehr spezielle Räder kriegst, die dann auch ziemlich gut sind. Dann bist du wieder in dem Problem, du hast was sehr Universelles, was nichts so richtig, aber alles ein bisschen kann, was ja sowieso die Idee vom Gravelbike oder vom Breitreifen-Rennrad, wie ich lieber sage, ohnehin ist. Das andere ist, dass du sagst, „ich versuche auch beim Gravel Bike was sehr Universelles zu haben“, dann wirst du immer irgendeinen Tod sterben. Den kannst du lustvoll sterben, indem du einfach deine Attitüde rauskehrst und sagst „ja ich weiß, das Rad ist jetzt nicht mehr so schnell wie mein Straßenrennrad“, oder indem du es umgekehrt sagst, „damit komme ich ja fast so gut durchs Gelände wie mit meinem Fully“, was natürlich auch eine Übertreibung ist.

Insofern ist es mir dann auch egal, ob ich 4,7 Km/h oder 4,9 Km/h bergauf fahre.

Ich glaube, du musst einfach sehen, dass die Kompromisse die du machst, deinem Lustnutzen entsprechen. Dass du sagst, es unterstreicht das, worauf ich Bock habe und es schmälert da am meisten, wo es dir am meisten egal ist. Mir ist Bergaufgeschwindigkeit egal, weil ich niemals eine Bergziege werde. Insofern ist es mir dann auch egal, ob ich 4,7 Km/h oder 4,9 Km/h bergauf fahre, wenn es steil wird. Das heißt, mir ist es auch egal, ob mein Rad ein Kilo mehr wiegt oder nicht am Ende. Andere werden sagen „bergauf muss es flüssig gehen“, sonst habe ich schlechte Laune. Die müssen dann halt tiefer in die Tasche greifen für den Leichtbau. Denen ist dann egal, ob sie einen Nabendynamo mit Licht am Rad haben oder denen ist es egal, ob es regnet und sie sich total vollsauen. Ich fahre halt mit Schutzblechen durchs Gelände.

Mach eine Kurve um Typen, die dir nicht gut tun. Erlebnis statt Ergebnis!

Dos und Don’ts beim Bikepacking – fällt dir dazu spontan was ein?

Do not: klar, fahr nicht mit Arschlöchern. Mach eine Kurve um Typen, die dir nicht gut tun. Wenn ich im Gelände auf Bikepacking-Touren unterwegs bin, will ich nicht abends am Lagerfeuer in ein Gesicht gucken, auf das ich kein Bock habe. Ich würde sagen Erlebnis statt Ergebnis, ich würde mir keine zu ambitionierten Ziele setzen. Natürlich gibt es so eine Bikepacking-Raceszene. Das ist auch geil, das hat eine Binnenlogik, aber bei solchen Veranstaltungen gibt es ein vorderes Viertel, das wirklich auf Platzierungen fährt und danach machen viele Leute sich einfach eine schöne Zeit.

Die Lezyne Pumpe erleichtert das Druck machen, wenn die Kraft schon schwindet
# Die Lezyne Pumpe erleichtert das Druck machen, wenn die Kraft schon schwindet
Teilbare Züge sind die Voraussetzung, damit der Rahmen geteilt werden kann
# Teilbare Züge sind die Voraussetzung, damit der Rahmen geteilt werden kann

Ich glaube, man hat im Midpack in der Regel mehr Spaß als ganz vorne. Insofern würde ich sagen, auch wenn man sich bei einer Abendtour gemäßigte Ziele setzt: Nichts ist cooler, als wenn man abends Zeit hat und sagt: „Hier ich kenne zwei, drei Spots die sind ein paar Kilometer entfernt und ich kann die erstmal abfahren und gucken, welcher mir am besten gefällt. Vielleicht habe ich dann noch die Zeit ein paar Kilometer zurückzufahren, wenn mir der andere besser gefällt“. Das ist besser als zu sagen, dass du um 18:00 noch den Supermarkt erreichen musst und es schon dunkel ist. Einfach entspannen, den Gang rausnehmen.

Bei den Don’ts würde ich noch sagen, dass man kein Feuer machen soll, wenn die geringste Waldbrandgefahr besteht. Nimm mehr Müll aus dem Wald raus, als du mit reingenommen hast.

Bei den Don’ts würde ich noch sagen, dass man kein Feuer machen soll, wenn die geringste Waldbrandgefahr besteht. Nimm mehr Müll aus dem Wald raus als du mit reingenommen hast, also benimm dich auch nicht wie ein Arschloch. Weder auf dem Trail noch auf dem Spot (da, wo man sein Zelt aufschlägt oder seine Isomatte hinlegt oder nur den Kopf, der Setzer). Keine Spots publizieren, jeder soll das selbst entdecken und nicht so eine Instagram-Euphorie mitbefeuern, „boah sieht das geil aus, da muss ich auch mal hin und ein Sonnenuntergangsbild mit Lagerfeuer machen“. Letztendlich haben wir da auch eine Verantwortung. Das ist alles tief in der Grauzone an einigen Stellen – dann sollte man da jetzt nicht noch poltern.

Wie ist denn das mit dem Übernachten im Wald überhaupt? Viele Campingplätze sind ausgebucht. Wo kann ich dann schlafen?

Im Notfall, wenn du es aus energetischen Gründen nicht mehr schaffst, zurück in die Zivilisation zu kommen, ist es dir erlaubt, ein Biwak zu errichten. Wobei: errichten ist das falsche Wort. Sobald irgendein Zeltgestell steht, geht man davon, dass man ein Lager errichtet und das ist verboten. Man kann das ein bisschen mit dem Oktoberfest vergleichen. Natürlich darf da draußen jemand besoffen auf einer Parkbank schlafen. Ist vielleicht auch besser als zu versuchen, im Verkehr nach Hause zu fahren und so für sich und für andere eine Gefahr zu sein.

Das ist alles tief in der Grauzone an einigen Stellen – dann sollte man da jetzt nicht noch poltern.

Also: das Schlafen im Wald ist an sich nicht verboten, aber es geht halt von dieser Grundidee aus, dass du es nicht mehr zurück in die Zivilisation geschafft hast. Das geht nicht, wenn du ein Zelt aufgebaut hast mit einem Kühlschrank und hinten läuft der Generator und der Subwoofer spielt Seeed. Dann weißt du, es ging wohl mit Plan zur Sache. Deshalb nehmen auch viele den Biwaksack, denn ein Biwaksack ausrollen ist ja kein Lager. Es ist eine Grauzone. Hier wiederholt sich, wenn ich jetzt zynisch bin, das, was sich beim Mountainbike seit Jahren abspielt, dass es viele Firmen gibt, die daran verdienen, aber überhaupt keine Lobbyarbeit für den Kunden nehmen, sondern wo der Kunde eine Schlacht vor Ort selbst schlagen muss und im Hintergrund sitzen viele Firmen, die viel Geld verdienen, aber nicht bereit sind, ihrer Verantwortung gerecht zu werden.

Ich will jetzt nicht das Jedermannsrecht als kommunikatives Ziel ausrufen, das wäre vielleicht etwas zu hoch gegriffen. Aber vielleicht eine etwas bessere Klärung dessen, was ein Notbiwak ist und was nicht.

Es gibt Firmen, die verdammt viel Geld mit Rucksäcken, Schlafsäcken und Taschen verdienen, aber es auch nicht schaffen, da was aufzuspuren, dass sie sich zumindest in der Kommunikation vor den Kunden stellen. Ich will jetzt nicht das Jedermannrecht als kommunikatives Ziel ausrufen, das wäre vielleicht etwas zu hoch gegriffen. Aber vielleicht eine etwas bessere Klärung dessen, was ein Notbiwak ist und was nicht. Es gibt geile Initiativen, wie https://1nitetent.com. Da entsteht eine Landkarte, da kannst du als Privatier sagen, “hey, ich habe da ein Waldstück und an der Stelle ist der Punkt, da darfst du eine Nacht übernachten.”

Gunnar will auch am Geländefahrrad nicht auf Schutzbleche verzichten
# Gunnar will auch am Geländefahrrad nicht auf Schutzbleche verzichten

In der Eifel gibt es ja auch so ein Netzwerk mit Plätzen an Wanderwegen, an denen du übernachten darfst.

Es gibt Wildcampingplätze, die gibt es auch im Pfälzerwald, die sind super, aber die sind zum Beispiel im Winter zu. Ich als alter Winterbiker, da sage ich schon „wann brauche ich Feuer im Wald? Im Winter!“ Wenn das Bier draußen im Winter kalt bleibt und man das Feuer nicht nur für die Romantik braucht. Das ist eigentlich der Zeitpunkt, an dem ich am liebsten auf so einen Wildcampingplatz will. Da gibt es Initiativen an paar Stellen, aber das ist noch ein sehr weitmaschiges Netz. Bei den Dingern ist auch nichts mit Spontanität, die sind von langer Hand ausgebucht.

Solche Self-Supported-Rides wie das CandyB – geht das zur Zeit oder eher nicht?

Es ist alles abgesagt, außer der Navad Hope 1000 in der Schweiz, die findet statt und auch von dem Initiator der Grenzsteintrophy habe ich gehört, dass am 17.6. gestartet wird(lacht). Ich warte jetzt gerade die Rechtslage ab. Ich glaube nicht, dass wir da den klassischen „Grand Depart“ machen können.

Bei den Dingern ist auch nichts mit Spontanität, die sind von langer Hand ausgebucht.

Es gibt, glaube ich, keinen Corona-sicheren Ort als die Platte, es ist da schon super einsam. Ungeachtet dessen ist es natürlich so, wenn man Träger ist, trägt man das natürlich auch 1.300 Kilometer durch Deutschland und geht in kleine Supermärkte und geht in irgendwelche Tankstellen und geht in Restaurants oder Ausschänke. Es ist schon eine Grauzone.

gunnar fehlau interview (4 von 17)
# gunnar fehlau interview (4 von 17)

Wiederum, ich habe jetzt die Scouts gefragt, die recherchieren das für jedes Bundesland, in dem sie auch scouten und relativ viele haben touristisches Reisen im kleinen Maße wieder erlaubt, und wenn man dann als einzelner Bikepacker verstunken, verschwitzt den Kolonnenweg entlangradelt, gibt es andere Orte, die deutlich gefährlicher sind. Insofern denke ich, dass die GST safe ist. Ich werde das am 1. Juli entscheiden. Ich habe es noch nicht zugemacht. Mit den Leuten, die fahren wollen, bin ich in Mailkontakt und habe gesagt, so wir planen erstmal noch und sagen nicht ab. Wenn diese allgemeine Entwicklung so weitergeht, würde ich sagen, dass man das machen kann.

Hast du selbst schon für dich eine längere Bikepacking-Tour demnächst geplant?

Ich werde die GST-Fahrer auf den Weg schicken und werde dann auch selber bis zum Rennsteig fahren und dann auch über den Rennsteig, dann übersetzen zum Hainich, da den Rennstieg fahren und dann ins Eichsfeld und nach Hause. Das sind so vier bis fünf Tage. Die GST fahre ich später im Jahr mit ein paar Kumpels. Das sind so die beiden großen Sachen im Jahr.

Und heute fährst du dann mit dem Rad nach Hause?

Nee, das reicht nicht, wir wollen es ja nicht übertreiben, zudem habe ich ja auch schon 100 km intus. Wir sprechen ein bisschen und dann fahre ich mit dem Kai nach Frankfurt. Dann radeln wir noch ein Stück den Vulkanradweg raus und werden uns dann dort ein bisschen in die Büsche schlagen. Dann gucke ich mal, was der Samstag so bringt. Aber von dort aus wären es immer noch so 200 Kilometer nach Hause. Das wäre mir ein bisschen zu heftig für einen Tag, aber wenn es regnet und die Klamotten nass sind, würde ich wahrscheinlich lieber vollstrecken wollen, als mit nassen Klamotten nächtigen. Das kann man in der Not mal machen, aber morgen wäre keine Not.

gunnar fehlau interview (1 von 17)
# gunnar fehlau interview (1 von 17)

Danke dir und gute Fahrt!

Ja gerne!

Habt ihr Erfahrungen mit Bikepacking oder wollt es mal ausprobieren?

Interview / Fotos: Thomas Paatz

Marcel Kittel geht zu Rose: “Schritt vom Profi zum Genießer”

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Der 4-fache Tour de France Etappensieger Marcel Kittel arbeitet künftig für Rose Bikes. Für den Bocholter Direktanbieter wird sich Kittel als Markenbotschafter einbringen und soll auch in der Entwicklung unterstützen.

Ex Top-Sprinter Marcel Kittel, zu dessen Palmarès insgesamt 19 Etappensiege bei den großen Landesrundfahrten Tour de France, Giro d’Italia und Vuelta a España gehören, verstärkt die Rose Bikes GmbH. Kittel, der 2019 seine aktive Radsport-Laufbahn beim Team Katusha Alpecin beendet hat, freue sich auf neue Aufgaben und verfolge mit diesem Schritt das Ziel, die Lust am Fahrradfahren möglichst vielfältig der Gesellschaft näher zu bringen, heißt es in der Pressemitteilung des Unternehmens.

Ich habe mir sehr gewünscht, dass ich nach meiner Karriere den Schritt vom Profi zum Genießer auf Rennrad, Gravel- oder E-Bike machen kann

Marcel Kittel

„Ich bin sehr happy, einen so tollen Partner wie Rose Bikes an meiner Seite zu haben. Mir war und ist der langfristige Fokus auf moderne Top-Produkte, ein innovatives Team und der breite Ansatz beim Thema Fahrradfahren in unserer Gesellschaft wichtig. Ich habe mir sehr gewünscht, dass ich nach meiner Karriere den Schritt vom Profi zum Genießer auf Rennrad, Gravel- oder E-Bike machen kann, um meine Leidenschaft und Erfahrung mit anderen zu teilen. Es ist toll, nun diesen Weg mit der Rose Bikes Familie gemeinsam als Team zu gehen und zu zeigen, dass es viele Gründe geben kann, sich auf ein Fahrrad zu setzen“, so Kittel.

Anatol Sostmann, Director Product & Brand bei Rose Bikes, sieht die Zusammenarbeit als große Chance: “Neben seiner Rolle als Markenbotschafter wird Marcel das Innovationsteam unterstützen und eng mit unseren Ingenieuren an Neuheiten und Entwicklungen arbeiten. Bereits jetzt spüren wir seinen Einfluss und sind sehr stolz auf diese Zusammenarbeit für mehr Spaß am Fahrradfahren.“

Was denkt ihr über die Zusammenarbeit von Kittel und Rose?


Hier lest ihr mehr zu Menschen auf Rennrad-News

Infos: Pressemitteilung Rose / Foto: Jan Gathmann

Deichmann startet Deutschland-Triathlon: 16-facher Ironman als Warm-up

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Ein 16-facher Ironman zum Aufwärmen! Jonas Deichmann geht wieder auf Rekordjagd. Im Juli startet der Extremsportler zur ersten Umrundung Deutschlands in Triathlon-Manier. Danach gehts weiter zu seinem Triathlon um die Welt. Hier die Infos – außerdem zeigt Jonas euch sein typisches Fitness-Workout im Video.

Der Abenteurer und Extremsportler Jonas Deichmann geht wieder auf Rekordjagd. Es steht an: die erste Umrundung Deutschlands als Triathlon zur Vorbereitung für einen Triathlon um die Welt. Der Münchner beginnt sein Abenteuer Ende Juli in Lindau und schwimmt der Länge nach durch den Bodensee. Dort wechselt er auf das Fahrrad und radelt im Uhrzeigersinn 2.800 Kilometer entlang der deutschen Landesgrenzen. Im bayrischen Wald steigt er dann vom Fahrrad und rennt die verbleibenden 680 Kilometer zurück nach Lindau. Etwa 3.600 Kilometer wird er insgesamt zurücklegen – und damit die 16-fache Ironman Distanz bewältigen.

Die Strecke der 3.600 km langen Deutschland-Umrundung: Los geht es mit Schwimmen durch den Bodenee, es folgen eine 2.800 km lange Radstrecke nach Norden, bevor es auf die 680 km lange Laufstrecke zurück nach Lindau geht
# Die Strecke der 3.600 km langen Deutschland-Umrundung: Los geht es mit Schwimmen durch den Bodenee, es folgen eine 2.800 km lange Radstrecke nach Norden, bevor es auf die 680 km lange Laufstrecke zurück nach Lindau geht

Für den mehrfachen Weltrekordhalter ist es nicht das erste extreme Projekt. Der Münchner hält bereits Rekorde für alle drei großen Kontinentaldurchquerungen mit dem Rad: Eurasien von Portugal nach Wladiwostok in 64 Tagen, die legendäre Panamericana von Alaska nach Feuerland in 97 Tagen und letztes Jahr die 18.000 Kilometer lange Strecke vom Nordkap nach Kapstadt in 72 Tagen – einen ganzen Monat schneller als der bisherige Weltrekord. “Auf dem Fahrrad gehen mir langsam die Herausforderungen aus, und ich freue mich darauf eine andere Disziplin auszuprobieren”, sagt Jonas. Wie auch bei seinen letzten Projekten ist der Extremsportler ohne Begleitfahrzeug unterwegs. Beim Schwimmen zieht er ein speziell entwickeltes Floß hinter sich her und auf dem Rad und zu Fuß trägt er sein Gepäck selbst und zeltet entlang der Strecke.

Im Video, das er während des sogenannten Lockdowns in der Schweiz produziert hat, zeigt euch Jonas, wie er sich trotz Schwimmbadschließungen mit einem beinahe täglichen Fitness-Workout auf die extreme Herausforderung vorbereitet hat.

Video: Jonas Deichmann Trocken-Schwimm-Workout

Trotz der enormen Distanz ist die Umrundung Deutschlands für den Münchner nur ein Aufwärmen und Materialtest. Im September wird er als erster Mensch die Welt in Triathlondisziplin umrunden und nutzt die Tour rund um Deutschland als letzten Test für Körper und Material.

Für die 15-fach Ironman-Distanz rund um Deutschland hat Jonas Deichmann circa einen Monat eingeplant. Fans können dem Fortschritt per Livetracker auf jonasdeichmann.com folgen. Der Extremsportler freut sich auf zahlreiche Begleiter entlang der Strecke, wie er sagt. Im Anschluss möchte sich Deichmann 3 Wochen regenerieren, um danach direkt sein Projekt Triathlon 360 Degree zu starten.

Jonas Deichmann fährt ein Curve Belgie Spirit Titan All-Road Rennrad
# Jonas Deichmann fährt ein Curve Belgie Spirit Titan All-Road Rennrad

Wollt ihr Jonas ein Stück auf dem Weg begleiten?


Hier lest ihr mehr zu Jonas Deichmann auf Rennrad-News

Infos: Redaktion / Fotos: Jonas Deichmann

Profi-Fahrerwechsel: Nils Politt geht zu Bora-Hansgrohe

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Nils Politt fährt künftig für Bora – Hansgrohe. Das prominent besetzte deutsche UCI World-Tour Team verpflichtete das Klassiker-Talent aus Köln für die kommenden drei Jahre. Hier die Stimmen zum Wechsel.

Der Kölner Radprofi Nils Politt wechselt zum Saisonende vom israelischen Team Israel Start-Up Nation zum deutschen Team Bora – Hansgrohe. Das gab das Team aus dem bayrischen Raubling heute bekannt. Einer der größten Erfolge Politts ist der 2. Platz bei Paris-Roubaix 2019. Bei seinem neuen Team trifft er mit Peter Sagan auf einen herausragenden Klassikerfahrer.

„Es ist schön, dass es nun endlich geklappt hat. Wir waren an Nils ja schon in der Vergangenheit interessiert, das ist sicherlich kein Geheimnis. Ich denke, unser konsequenter Weg, den wir bei Bora – Hansgrohe gehen, hat ihn am Ende überzeugt. Als deutsches Top-Team möchten wir natürlich auch alle deutschen Top-Fahrer unter Vertrag haben, aber wir sind auch weiterhin auf der Suche nach internationalen Talenten. Unser Ziel ist nicht, eine deutsche Nationalmannschaft zu werden, sondern wir möchten die WorldTour gewinnen. Nils wird natürlich unsere Klassikerfraktion entscheidend verstärken, aber wir sehen generell noch viel Potenzial in ihm als Fahrer. Dieses Potenzial wollen wir in den kommenden Jahren voll entwickeln, wie wir das schon in der Vergangenheit bei Fahrern wie Pascal (Ackermann), Emu (Buchmann) oder Max (Schachmann) gemacht haben.“ – Ralph Denk, Team Manager

„Ich freue mich wirklich sehr. Es ist ein bisschen wie das Wiedersehen mit Freunden aus den Anfangstagen, und das machte die Entscheidung für mich auch sehr einfach. Ich kenne viele der Jungs dort schon seit Jahren und freue mich darauf, nun mit ihnen gemeinsam Rennen zu fahren. Für die Klassiker haben wir nächstes Jahr ein enorm starkes Team, das ist auch eine neue Situation für mich, die letzten Jahre war ich eher ein Einzelkämpfer. Taktisch gibt uns das sicherlich viele Möglichkeiten. Generell ist es beeindruckend, was Ralph Denk da die letzten Jahre auf die Beine gestellt hat. Bora – Hansgrohe ist eines der absoluten Top-Teams und ich erhoffe mir schon, dass ich mich dort als Fahrer noch weiterentwickeln kann.“ – Nils Politt.

Wie seht ihr den Wechsel von Politt zu Bora – Hansgrohe. Ein Gewinn für Team und Fahrer?


Hier lest ihr mehr zu Nils Politt auf Rennrad-News

Infos: Pressemitteilung / Foto: Jan Gathmnann

Jonas Deichmann auf der Königsetappe: “8.000 Kalorien pro Tag”

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Jonas Deichmann befindet sich auf der Königsetappe seines Triathlons rund um Deutschland. Mit 9 Radtagen von je über 260 km und 60 km Schwimmen durch den Bodensee ist für den Ultrasportler ungefähr Halbzeit. Wir haben kurz mit ihm gesprochen, bevor er die heute verbleibenden 3.000 Höhenmeter in Angriff nimmt.

RN: Hallo Jonas, du bist unterwegs auf deinem Triathlon rund um Deutschland. An welcher Stelle befindest du dich gerade sportlich?

Es ist mein neunter Radtag. Ich habe die 60 km Schwimmen durch den Bodensee wie geplant mit einem Schnitt von 15 km Schwimmen pro Tag hinter mich gebracht und bin von dort mit dem Rad in den Norden gestartet. Heute steht für mich die Königsetappe der 2.800 km langen Radfahrstrecke an.

Und wo bist du gerade genau?

Ich bin in Altenberg in Sachsen und mache gerade eine Essenspause. Ich habe gerade den ersten ernsthaften Anstieg des Tages hinter mich gebracht und damit 1.500 von 4.500 Höhenmetern, die heute auf dem Plan stehen, geschafft .

Diashow: Jonas Deichmann auf Königsetappe: “8.000 Kalorien pro Tag”
...und solche Teilstücke
Gegessen wird,...
Jonas wusste, dass das Schwimmen hart werden würde
Auf dem Rad kann man auch Pausen an schönen Orten machen
Es gibt auch solche...
Diashow starten »

Jonas wusste, dass das Schwimmen hart werden würde
# Jonas wusste, dass das Schwimmen hart werden würde - Aber so extrem hatte er es sich nicht vorgestellt

Was isst du?
Kartoffelpuffer mir Apfelmus.

Trägst du eine Fitnessuhr? Weißt du, wieviel Kalorien du ungefähr an einem Tag verbrauchst?
Nein, ich habe keine Multisport- oder Fitnessuhr. Ich nutze auf dem Rad den Wahoo Elemnt Roam Radcomputer zum Tracking. Aber ich weiß, dass ich ungefähr 8.000 Kalorien am Tag verbrauche.

-> Hier findet ihr die Infos zum Triathlon rund um Deutschland

Auf dem Rad und beim Laufen ist das kein Problem, du kannst ja ständig essen oder mal anhalten, wie jetzt. Aber beim Schwimmen ist es ein logistisches Problem. Man verbraucht ja genauso viel, aber im See gibt es kein Restaurant.

Wie hast du das gelöst?
Ich habe regelmäßig Pausen am Floß gemacht und einen Riegel gegessen. Die Riegel waren alle im Floß.

Die Versorgung mit Nahrung ist beim Schwimmen ein Problem
# Die Versorgung mit Nahrung ist beim Schwimmen ein Problem
Was gegessen werden soll, muss ins Floß
# Was gegessen werden soll, muss ins Floß
Jonas übernachtet unter freiem Himmel...
# Jonas übernachtet unter freiem Himmel...
...oder im Zelt
# ...oder im Zelt

Wärst du in der Hitze jetzt nicht froh, wieder Schwimmen zu können?
Nein, das Schwimmen ist wie bei vielen Triathleten nicht mein Lieblingsteil. Die Hitze stört mich gar nicht.

Wie ist es denn allgemein bisher gelaufen?
Das Schwimmen war extrem hart. Ich bin aber zufrieden. Ich habe den Schnitt von 15 km am Tag, den ich mir vorgenommen habe, geschafft. Aber es war doch extremer, als ich vorher gedacht hatte. Man hatte mir gesagt, welche Probleme mich erwarten, aber es war dann in der Tat schlimmer als ich gedacht hätte.

Es ist sehr schwer gegen den Wind zu schwimmen, die kleinen Wellen bremsen dich, das Floß, in dem ich meine Sachen aufbewahre, ist wie ein Segel im Wind, das in die falsche Richtung zieht. Das kam nicht unerwartet, aber es ist in der Praxis dann doch anders. Auch dass ich beim Schwimmen Probleme mit der Sonne und Entzündungen haben werde, hatte man mir gesagt. Tatsächlich habe ich an allen möglichen Stellen Entzündungen davongetragen, bis auf das rohe Fleisch teils, am Hals, unter den Achseln, wo der Neoprenanzug reibt.

Wie lief es dann auf dem Rad?
Auf dem Rad lief alles super. Ich schaffe immer mindestens 260 km am Tag, manchmal auch viel mehr. Ich war auch bis jetzt keinen einzigen Tag ganz alleine auf dem Rad unterwegs. Immer gibt es ein paar Mitfahrer. Die Meisten begleiten mich ein Teilstück. Und es hilft schon, wenn man nicht allein ist, vor allem, wenn die Landschaft langweilig ist.

Jeden Tag fand er Mitfahrer
# Jeden Tag fand er Mitfahrer
Das Radfahren lief bisher super, sagt er
# Das Radfahren lief bisher super, sagt er
Nicht immer sind die Straßen so glatt wie hier
# Nicht immer sind die Straßen so glatt wie hier
Es gibt auch solche...
# Es gibt auch solche...
...und solche Teilstücke
# ...und solche Teilstücke

Stichwort Landschaft: Wie hast du deine Radroute geplant?
Ich habe das Routing von Komoot das Meiste machen lassen, hier und da per Hand etwas angepasst, aber ich habe nicht viel Arbeit in die Planung der Strecke gesteckt. Bis jetzt hat alles auch ganz gut hingehauen.

Wie geht es heute und danach weiter?
Heute fahre ich weiter über den Gebirgskamm, es wird sicher ein anstrengender Tag. Morgen geht es dann weiter in den Bayerischen Wald auf die letzte Radetappe. Und dann folgt noch das Laufen. Ich habe mir vorgenommen, jeden Tag mindestens die Marathondistanz, besser 50 km zu laufen. Ich plane dafür 6 Stunden Laufzeit pro Tag ein. Ich hoffe, es laufen auch welche mit. Und in 15 Tagen will ich dann in Lindau ankommen.

=> Auf Jonas Webseite könnt ihr den Fortschritt verfolgen

Dein persönliches Fazit bisher?
Ich bin sehr zufrieden. Ich weiß, wenn ich über den Bodensee schwimmen kann, dann kann ich auch die 465 km schwimmen, die ich für meinen Triathlon um die Welt geplant habe. Der Triathlon rund um Deutschland war bisher eine sehr gute Vorbereitung für die Globus-Distanz.

Wir danken dir für das Gespräch und wünschen dir weiter gutes Gelingen.

Auf dem Rad kann man auch Pausen an schönen Orten machen
# Auf dem Rad kann man auch Pausen an schönen Orten machen
Gegessen wird,...
# Gegessen wird,...
...was die Küche anbietet
# ...was die Küche anbietet

Möchtet ihr Jonas noch etwas mit auf die Reise geben?

Gute Fahrt weiterhin!
# Gute Fahrt weiterhin!

Hier lest ihr mehr zu Ultracycling auf Rennrad-News

Gespräch: Jan Gathmann / Fotos: Jonas Deichmann

Interview – Reifentechnik mit Wolf vorm Walde: „Ein Top-Reifen spart 15 Watt“

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Ein Reifen hat nicht die Magie und Strahlkraft einer neuen Schaltung oder eines ultraleichten Carbonrahmens. Dabei spielt er eine viel größere Rolle für die Fahrleistung. Wir haben das Reifenlabor von Specialized besucht und dort mit Reifenentwickler Wolf vom Walde gesprochen: über die aktuellen Reifentrends bei der Tour de France und das komplexe System aus Reifen und Schläuchen – oder Nicht-Schläuchen. Ein paar Tipps von ihm gibt es auch noch.

Rennrad-News: Hallo Wolf, kannst du dich kurz vorstellen?

Wolf vorm Walde: Ich arbeite mit meinem Team als Leiter der Reifenentwicklung von Specialized in Bielefeld. Ich bin seit 20 Jahren in der Fahrradreifenentwicklung tätig und seit 10 Jahren für Specialized, erst in Kalifornien, später hier in Deutschland. Die Arbeit für Specialized war insofern von Anfang an interessant, als man dort einen ganz klaren Auftrag hat. Specialized hat ja das erklärte Ziel, bei allen leistungsorientierten Radthemen an der Spitze der Entwicklung zu stehen und da spielt der Reifen als Bauteil natürlich eine entscheidende Rolle. Ich entwickele also ganz gezielt bestimmte Reifen für ganz bestimmte Fahrräder und ihre Komponenten, nicht allgemein für Radtypen.

Wolf vorm Walde leitet die Reifententwicklung von Specialized in Bielefeld
# Wolf vorm Walde leitet die Reifententwicklung von Specialized in Bielefeld

Wie viele Reifen hast du in deiner Karriere schon entwickelt?

Kann ich gar nicht so genau sagen. Aber in jedem Rennen, jeder RTF und auch unter all den Fahrrädern, die an jedem Bahnhof abgestellt sind, findet sich ein Reifen, an dem ich gearbeitet habe. Schön zu sehen, wenn unsere Arbeit so verbreitet ist und angenommen wird.

Reifenentwicklung in einem Satz – was würdest du sagen?

Sehr vielfältig. Es geht um alle Themen am Fahrrad. Man kann sich nicht rausnehmen und sagen: „Ich bin nur Rennradfahrer. Oder: Ich fahre nur Trails, oder so.“ Man muss sich mit allem auseinandersetzen, und es ist tatsächlich ein sehr tiefschürfendes Thema.

Manche unterschätzen den Reifen als Bauteil am Rennrad noch. Einfacher Trainingsreifen versus Top-Rennradreifen, kannst du sagen, wieviel Watt Unterschied das machen kann – bei gleichem Druck und gleicher Größe?

15 Watt (wie aus der Pistole geschossen).

Im eigenen Labor in Bielefeld testet Specialized auf den Rollwiderstand
# Im eigenen Labor in Bielefeld testet Specialized auf den Rollwiderstand - Der Reifen wird mit einem definierten Gewicht belastet

Ok, das ging schnell. Die andere entscheidende Größe: Griffigkeit. Wie kommt die zustande?

Beim Rennrad ist das Profil nicht so der große Einflussfaktor. Anders als beispielsweise am MTB oder Gravelbike habe ich nur die Straßenrauheit, die einwirkt, das heißt, die Vibrationen, die auf das Rennrad über die Straße wirken, sind ganz andere. Das bedeutet wiederum, die Gummimischung muss dort, um mit diesem Asphaltgebirge (mikroskopisch betrachtet, Anmerkung der Redaktion) mitzugehen, viel schneller eingestellt sein, um eben dem Reifen, wenn er da lang rollt, die Möglichkeit zu geben, sich an die Straße anzupassen, dort auch Griff zu finden, sich dann aber ablösen zu können, ohne viel Energie liegen gelassen zu haben. Die Mischung wird sozusagen auf das typische Frequenzband eingestellt, das ganz anders ist als im Gelände. Es sind dann auch andere Materialien im Spiel, die auf die Frequenzanregungen unterschiedlich reagieren.

Wir sehen bei der Tour de France gerade zwei Trends. Specialized setzt zum ersten Mal seit Jahrzehnten und in ziemlicher Alleinstellung auf Clincher. Die meisten anderen Teams fahren Schlauchreifen. Wie ist das aus deiner Sicht zu erklären?

Die Clincher sind natürlich so gut, ist ganz klar (lacht). Nee, also zum einen hat das natürlich mit dem Trend zu Scheibenbremse und Tubeless zu tun. Das ist eine Entwicklung, die wir bei Specialized ganz klar einschlagen. Clincher sind im Vergleich zum Tubular-Reifen (Schlauchreifen) schneller. Das waren sie auch schon immer, das ist jetzt nichts Neues. Aber jetzt, durch die neuen Laufräder ist der Vorteil eines Tubeless-Systems oder selbst eines Clincher plus Schlauch so deutlich, dass sich das einfach durchsetzt. Da rücken die reinen Sicherheitsgründe wie Notlaufeigenschaften und vielleicht auch etwas der Komfort weit nach hinten, weil man einfach auf dem Prüfstand messen kann, ‚hey, mit dem Rad, da brauch ich jetzt über meine 200 km Etappe soviel weniger Kraft bei gleicher Geschwindigkeit‘, das will der Fahrer dann natürlich auch haben.

Wolf vorm Walde Interview-1
# Wolf vorm Walde Interview-1

Das ist jetzt kein entscheidender Grund, aber nebenbei begrüßen auch die Mechaniker der Teams die Entwicklung. Sie müssen nicht mehr zu Beginn jeder Saison erstmal auf 60 Laufräder die Schlauchreifen aufkleben und den halben Teamtruck mit alternativen Laufradsätzen belegen. Sie können auch je nach Anforderung eines Rennens flexibel den Reifen tauschen.

Bei unseren Testfahrten machen wir regelmäßig die Erfahrung, dass ein breiterer Rennradreifen – neben mehr Komfort – vor allem mehr Vertrauen in Kurven bei unseren Straßenverhältnissen gibt. Warum, glaubst du, setzen Pros nach wie vor auf vergleichsweise schmale Reifen?

Tun sie ja gar nicht. Die Profis fahren Reifen von 26 mm bis 28 mm, bei Paris-Roubaix auch 30 mm, mal gucken, wann wir die ersten Gravelräder da sehen (zumindest einen Gravelreifen haben wir schon bei Paris-Roubaix gesehen, siehe unsere Story über die Bikes der Pros, Anm. der Redaktion). Sie fahren das, was gerade noch so eben in den Rahmen reinpasst und was dann eben über die Gesamtheit der Strecke den geringsten Fahrwiderstand bringt. Je gröber die Strecke ist, desto breiter werden dann auch da die Reifen.

Der Sicherheitsgewinn mit einem guten Butylschlauch mit 0,5 mm bis 0,6 mm Wandstärke ist aus meiner Sicht doch entscheidend.

Wenn schon Clincher – welchen Schlauchtyp würdest du empfehlen? Latex, Butyl oder Kunststoff á la Revoloop und Tubolito?

Ja, das ist einfach: Butyl. Latex hat eine ganz geringe Weiterreißfestigkeit und ist sogar teilweise noch plastisch. Das konnte man früher daran sehen, dass sich der Latexschlauch in die Kuhlen des Felgenbands über den Bohrungen gelegt und verformt hat. Dann hat man lokale Dehnungen, wenn man dann noch bremst und ein bisschen Zug am Ventil ist, dann kann der Schlauch reißen und platzen, mitunter sogar den Reifen von der Felge heben. Es ist klar, man ist mit Latex ein bisschen schneller, aber es ist wenig, aber der Sicherheitsgewinn mit einem guten Butylschlauch mit 0,5 mm bis 0,6 mm Wandstärke ist aus meiner Sicht doch entscheidend.

… und die neuen TPU-Schläuche?

Sie bringen Performance-mäßig keinen Vorteil. Sie sind natürlich schön leicht. In der Dauerhaltbarkeit haben wir sehr gemischte Erfahrungen, auch was die Festigkeit des Ventils im Sitz angeht. Wir sehen aktuell den Vorteil nicht so groß, als dass man dahin gehen muss.

Wolf vorm Walde Interview-3
# Wolf vorm Walde Interview-3
Wolf vorm Walde Interview-4
# Wolf vorm Walde Interview-4

Inwiefern spielt die Reifenkarkasse eine Rolle? Es wird ja immer gern die Fadenzahl im Gewebe als Maß für die Güte herangezogen und es gibt inzwischen auch neue Karkassenbauarten?

Zunächst: Bei der Angabe der Fadenzahl muss man immer aufpassen. Manche Hersteller geben die Anzahl der Fäden auf den Inch pro Lage an. Andere nehmen alle drei Lagen. Und die Fadenzahl allein ist längst nicht alles. Das Material, die Anordnung im Gewebe und der Aufbau der Karkasse spielen ebenfalls eine große Rolle.

Bestes Beispiel ist die neue Karkasse des Turbo Rapidair in Hochschlagbauweise anstatt der sonst üblichen Zenith-Umbugbauweise. Die haben wir bereits vor Jahren zum ersten Mal im Black Diamond Reifen eingeführt, einem Enduro-Reifen. Während sonst 3 Gewebelagen oben unter der Lauffläche liegen, ist es hier nur eine plus einer Gürtellage. Das macht sie flexibler und verringert damit den Rollwiderstand. Wo weniger Material verformt werden muss, geht weniger Kraft verloren. Für den Pannenschutz kommt am Rennradreifen dann noch eine dünne hochdichte Lage hinzu, die darunter sitzt. In der Summe ist der Rollwiderstand dennoch günstiger. Am Rennradreifen haben wir diese Bauart deshalb letztes Jahr am S-Works Turbo RapidAir eingeführt.

Aktuell konnte man zum Beispiel sehen, dass manche Teamfahrer je nach Etappe unseren S-Works Turbo Rapid Air, der ja Tubeless Ready ist, mit Schlauch alternativ zum Turbo Cotton einsetzen.

Aktuell konnte man zum Beispiel sehen, dass manche Teamfahrer je nach Etappe unseren S-Works Turbo Rapid Air, der ja Tubeless Ready ist, mit Schlauch alternativ zum Turbo Cotton einsetzen. Aufgrund der Karkassenkonstruktion liegt er im Rollwiderstand auch mit Schlauch gleichauf mit dem Turbo Cotton, hat aber eben eine spezifische Pannenschutzlage. Die Fahrer sagen auch, dass sie die Geschmeidigkeit, das Fahrgefühl des Reifens mögen.

Tubeless am Rennrad. Deine Meinung – für wen ist es das Richtige?

Es ist für niemanden verkehrt, würde ich sagen. Wenn ich Performance-mäßig unterwegs bin, dann sollte ich mir die neuen Kombinationen aus Tubeless-fähigen Laufrädern und Tubeless-Reifen unbedingt angucken. Denn es fällt natürlich ein Dämpfer weg, ein Schlauch ist immer auch ein Dämpfer. Fällt er weg, werden Reifen und Untergrund sehr gut spürbar, das Fahrgefühl ist direkter und geschmeidig. Der Rollwiderstand ist außerdem gering. Und dann habe ich, ich will nicht sagen, ein ’selbstheilendes System“, aber wenn ich das richtige Dichtmittel benutze, habe ich natürlich einen sehr guten Schutz vor Durchstichen.

Der Schlauch ist deswegen natürlich trotzdem nicht direkt obsolet. Als System ist das ja nach wie vor fantastisch, weil es einfach von der Handhabung so wahnsinnig einfach ist und jeder damit umgehen kann. Einen Schlauch kann ich flicken. Wenn ich es besonders bequem haben will, nehme ich nach wie vor den Schlauch. Scheue ich mich nicht, mich mal mit der Milch auseinanderzusetzen und das sauber aufbauen zu können, dann spricht nichts gegen Tubeless.

Welche Rolle spielt die Felge für die Performance eines Reifens? Wird das bei der Entwicklung des Reifens berücksichtigt?

Ja, das wird wechselseitig berücksichtigt. Wichtig – auch beim Rennrad – ist natürlich die Breite der Felge. Beispiel: Wenn ich von einer schmalen auf eine breite Felge gehe, aktuell geht die Maulweite ja zu 19 mm bis 21 mm und mehr, dann wird die Seitenwand unten weiter aufgestellt. Ist der Laufstreifen oben zu schmal, lege ich oben die Seitenwand frei, die leichter beschädigt wird, zum Beispiel wenn etwas daran herunter schert. Auch in der Kurve spielt das eine Rolle. Wenn da der Laufstreifen zu schmal ist, fahre ich sozusagen auf der Seitenwandmischung durch die Kurve, ich verliere Grip. Abgesehen davon wirkt sich eine breitere Felge natürlich genauso aus wie ein breiterer Reifen. Ich kann also mit dem Luftdruck etwas runter gehen. Specialized-Reifen waren schon immer tendenziell mit breiteren Laufstreifen ausgerüstet.

In den USA wird die Wattjagd nicht ganz so zelebriert wie in Deutschland.

Dazu vielleicht ein bisschen Hintergrundwissen: Specialized ist ja eine amerikanische Marke. In den USA wird die Wattjagd nicht ganz so zelebriert wie in Deutschland. Breitere Reifen waren viel früher akzeptiert und die Rennradfahrer fahren tendenziell auch mit weniger Druck, um zum Beispiel auch mal einen festen Kiesweg gut fahren zu können. Dafür waren unsere Reifen von Anfang an ausgelegt.

Wir haben sozusagen auch den ersten Gravelreifen im Programm gehabt. Das war der Trigger, eigentlich ein Trekkingradreifen. Aber nachdem ein großer Radhändler aus den USA auf uns zugekommen war und einen faltbaren Performance-Trekkingreifen wollte, haben wir ihm den gebaut. Der Pathfinder Pro Gravelreifen kam später zum Start des Diverge.

Ist die Entwicklung nicht ausgereizt? Beziehungsweise: in welchem Punkt sind in Zukunft noch die größten Fortschritte zu erzielen?

Die Entwicklung ist insgesamt natürlich schon weit fortgeschritten. Trotzdem ist es so, dass immer noch neue Fahrstile und Trends – Beispiel: Gravelbike – so Einwürfe machen, wo Weiterentwicklung gefragt ist. Auch E-Mobilität mit ihren ganz anderen Anforderungen ist sicher ein spannendes Feld. Wenn man einen Reifen von ein paar Jahren zuvor und einen von heute aus dem Regal zieht, dann wird einem das sofort auffallen, was sich da getan hat. Es sind jetzt keine Riesensprünge. Aber es geht jedes Jahr ein bisschen weiter, auch man selber macht ja neue Entdeckungen. Schon allein, wie ich die Reifenkarkasse schneide, in welchem Winkel die Fäden nachher verlaufen, da macht man selbst nach Jahren noch die eine oder andere interessante Entdeckung. Und bis sich das dann in allen Reifen so durchgesetzt hat, dauert das dann immer eine Weile.

Wolf vorm Walde mit aktuellen High-end Rennradreifen von  Specialized
# Wolf vorm Walde mit aktuellen High-end Rennradreifen von Specialized - Auf dem Turbo Cotton gewann Julian Alaphilippe die 2. Etappe der Tour de France

Ihr entwickelt in Deutschland und Kalifornien – und die Produktion?

Die Produktion befindet sich wie bei den allermeisten Fahrradreifen in Asien. Als ich angefangen habe in der Entwicklung, hatte ich nur einen Schreibtisch und musste mit den Lieferanten bei jeder Neuerung verhandeln, wie wir sie in die Produktion integrieren können. Heute sieht es ganz anders aus: Wir haben für Rennradreifen eine eigene Fertigungsstraße im Werk, wir entwickeln unsere eigenen Gummimischungen in den Niederlanden, die dann nach unseren Vorgaben im Werk verarbeitet werden. Für MTB-Reifen haben wir sogar eigens eine ganze Fabrik mit einem japanischen Partner aus dem Automotive-Bereich aufgezogen. Dort werden ausschließlich Specialized-Reifen gefertigt.

Stichwort: Gummimischungen. Wie lange kann ich meinen Reifen lagern und wie mache ich das am besten? Welche Eigenschaft geht als erstes über Bord, wenn er zu lange liegt?

Ja, (lacht), man soll natürlich soviel fahren, dass man sie in einem Jahr abfährt (lacht). Natürlich nicht ewig liegen lassen. Ich würde den Reifen innerhalb von 2 Jahren anfahren. Man hat immer eine gewisse Diffusion der Materialien im Reifen. Die ersten 2 Jahre ist das noch unproblematisch. Aber wenn er dann länger liegt, vor allem in der Sonne gar oder an einer Heizung, dann wird er natürlich doch porös und verliert seine Eigenschaften dann allmählich. Die Elastizität geht dann flöten, was sich sowohl auf den Grip als auch den Rollwiderstand auswirkt.

Wieviel Aufmerksamkeit widmet ihr den Reifen an eurem Rennrad?


Hier lest ihr mehr zum Thema Rennradreifen auf Rennrad-News:

Fragen: Jan Gathmann / Fotos: Johannes Herden

9 Tools für 45 g: Interview mit den Erfindern des Daysavers

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Aus der Schweiz kommt ein kleines, aber feines neues Produkt auf uns zu – ein Multitool, das sofort vertraut aussieht, aber doch völlig neu ist. Wir hatten die Chance, bereits vor der kommenden Kickstarter-Kampagne mit den Machern zu sprechen: Viel Spaß mit dem Interview, in dem ihr den Daysaver kennen lernt.

MTB-News.de: Hi zusammen, damit wir wissen, mit wem wir es zu tun haben: Stellt euch doch erst einmal vor!

Daysaver-Team: Wir sind Peter, Dani und Elam. Wir kommen aus Zürich in der Schweiz und führen seit Jahren als Geschäftspartner eine Beratungsfirma im Bereich Innovationsmanagement. Wir sind alle drei begeisterte Biker: Mountainbike und Rennrad. Nachdem wir in den letzten 15 Jahren Projekte und Ideen für Kunden entwickelt haben, wollten wir einmal etwas für uns und unserer Leidenschaft tun.

Diashow: 9 Tools für 45 g: Interview mit den Erfindern des Daysavers
Spezielle kleinere Bits lassen sich ineinander schachteln
Erinnert ein wenig an die schachtelbaren Matrjoschka-Puppen
Wolftooth hat ebenfalls ein Bit-Tool im Sortiment …
… und auch mit Reifenhebern kombiniert gibt es Lösungen auf dem Markt.
Der Daysaver sieht ziemlich logisch aus
Diashow starten »

Die Jungs hinter Daysaver
# Die Jungs hinter Daysaver - können sich privat und beruflich seit einiger Zeit gut leiden.

Warum denkt ihr, braucht es noch ein weiteres Multitool auf dem Markt?

Dani: Es hat uns immer gestört, dass wir Biker uns zwischen einem guten, aber schweren oder einem leichten, aber fummeligen entscheiden mussten.

Elam: Die meisten gängigen Konzepte basieren auf faltbaren Werkzeugen. Der Nachteil dieses Konzepts ist, dass viele Schrauben aufgrund der sperrigen Bauweise nicht zugänglich sind und man nicht den richtigen Hebel hat, wenn es darum geht, das richtige Gefühl für das Drehmoment zu haben.

Peter: In den letzten Jahren hat sich der Trend dahin verlagert, Werkzeuge irgendwo im Bike zu verstecken, wie zum Beispiel im Tretlager oder im Vorbau. Aber dieses Konzept erfordert proprietäre Systeme, die jeweils mit einem Fahrrad verbunden sind.

Was macht ihr anders – warum denkt ihr, dass ihr die richtige Lösung habt?

Elam: Wir haben in unserem normalen Beruf über die Jahre sehr viel Erfahrung sammeln können, wie man Innovationen entwickelt und auf den Markt bringt. Wir lösen Probleme aus der Sicht der Benutzer. Wir versuchen, zu verstehen, was die Bedürfnisse der Biker sind und wo Innovationspotenziale liegen. Und wir hinterfragen unsere Ideen ständig, denn wir haben schon zu oft erlebt, was rauskommt, wenn man blind eine Idee verfolgt.

Peter: Das Wichtigste ist, dass wir echte Leidenschaft für das Thema mitbringen. Wir wollen nicht einfach ein Produkt auf den Markt drücken und es den Bikern verkaufen. Wir wollen unseren Sport, unsere Leidenschaft einfach besser machen.

Der Daysaver sieht ziemlich logisch aus
# Der Daysaver sieht ziemlich logisch aus - ein Innensechskantschlüssel mit verschiedenen Bits im Inneren!

Welche drei Merkmale machen euer Multitool eurer Meinung nach besser als die der Wettbewerber?

Dani: Der Formfaktor ist entscheidend. Mit der Reduktion auf die klassische Inbusschlüssel-Form kommt man mit dem Daysaver an alle Schrauben am Bike gut ran. Versuch mal mit einem gängigen 9-fach Multitool eine Sattelschraube festzuziehen, ohne ständig die Sattelstütze zu streifen. Die beiden unterschiedlich langen Hebel geben dir ein Gefühl für das Drehmoment, das du anwendest. Das ist mit anderen Tools, die nur eine Hebellänge haben und ständig wegklappen, schwieriger.

Peter: Was unser Tool ausmacht, ist tatsächlich – ich nenne es mal – das Werkzeug-Gewicht-Verhältnis. Neun vollwertige Werkzeuge bei einem Gewicht von nur 45 Gramm. So klein und leicht wie dieses Tool gibt es nichts Vergleichbares auf dem Markt.

Elam: Ich denke, dass jedes Tool auf dem Markt einen der beschriebenen Vorteile von Daysaver abdeckt. Aber keines bringt sie alle in einem Tool zusammen.

Die Kombination aus Werkzeug und Hülle spart Gewicht
# Die Kombination aus Werkzeug und Hülle spart Gewicht - so bringen es die 9 Werkzeuge inklusive großem 8er Innensechskantschlüssel auf 45 g.

Wollt ihr auch eine Lösung bieten, wie das Werkzeug am Bike fixiert werden kann? Der Trend geht ja immer mehr zu keinem Rucksack oder nur einem Hipbag …

Peter: Ja, der Trend geht klar dahin, so wenig wie möglich mitzunehmen. Das war auch für uns der Grund, den Daysaver so klein und leicht wie möglich zu entwickeln. Den kannst du immer in der Hosen- oder Trikottasche mitnehmen.

Dani: Das Feedback der Bike Community hat gezeigt, dass sich viele eine Montage am Bike wünschen. Deshalb sind wir im Moment dabei, einen Rahmenhalter zu entwickeln, mit dem der Daysaver an der Flaschenhalteraufnahme befestigt werden kann.

Elam: Wir haben bereits mehrere Prototypen „on the ride“ getestet und geschaut, ob und wie das Werkzeug gehalten wird. Es sieht schon ganz gut aus: Das Tool hält, die Bits ebenfalls und das alles ohne nerviges Geklapper. Jetzt geht es darum, das Design und die Formensprache zu verfeinern, damit es zum schlichten Daysaver passt.

Eine Rahmenhalterung für den Flaschenhalter ist in der Entstehung
# Eine Rahmenhalterung für den Flaschenhalter ist in der Entstehung - Prototypen werden bereits getestet.

Kann ich mit Standard-Bits das Werkzeug nach meinen Bedürfnissen anpassen?

Dani: Nein, das geht nicht. Der Grund dafür ist das verschachtelte Design der Bits. Wenn wir neun Werkzeuge realisieren möchten, muss der 8er Innensechskant auf dem Bone, wie wir den Winkelschlüssel nennen, sein. Um die maximal nötigen Drehmomente zu erreichen, muss dafür die Wandstärke groß genug sein, was dazu führt, dass Standard-Bits nicht reinpassen. Das haben wir auch bewusst in Kauf genommen, und zwar nicht, weil wir die Biker an uns binden wollen, sondern weil aus unserer Sicht ein echter 8er Inbus nötig ist. Und mit neun Werkzeugen decken wir fast alles ab, was du am Bike schrauben kannst.

Peter: Wichtig ist für uns beim Design auch gewesen, dass wir die Qualität des Daysavers sicherstellen können. Deshalb geben wir auf das Tool auch eine lebenslange Garantie. Das können wir aber nur, wenn wir wissen, dass auch die eingesetzten Bits die hohen Standards erfüllen.

Ihr seid neu im Geschäft und Werkzeuge herzustellen, ist anspruchsvoll. Wie könnt ihr dennoch eine hohe Qualität gewährleisten?

Elam: Wir haben bereits am Anfang unseres Vorhabens beschlossen, sehr früh einen Partner an Bord zu holen, der uns in der technischen Entwicklung unterstützen kann und im Idealfall auch den Daysaver herstellen kann.

Peter: Unmittelbar vor unserer Haustüre ist der Sitz des bekannten Werkzeugherstellers PB Swiss Tools. Wir sind mit den ersten Plastik-Prototypen bei ihnen vorbeigegangen, um ein Feedback zu bekommen. Die Leute bei PB Swiss Tools haben sich bereit erklärt, uns auf dem Weg zu begleiten. Mit viel Engagement haben die Ingenieure mit uns das Tool weiterentwickelt und in unzähligen Belastungstests und Iterationen zur Reife gebracht.

Dani: Aber das Wichtigste ist, dass PB Swiss Tools auch unser Produktionspartner ist. Das heißt, dass sie den Daysaver herstellen werden und natürlich auch für die Qualität, für die der Name steht, bürgen.

Spezielle kleinere Bits lassen sich ineinander schachteln
# Spezielle kleinere Bits lassen sich ineinander schachteln - Magnete halten sie sicher an Ort und Stelle.

Radikal neu ist die Idee von Bits in einem transportablen Paket nicht – was macht den Daysaver besonders?

Peter: Bit-Systeme sind tatsächlich nichts Neues. Sogar unser Partner PB Swiss Tools hat ein solches Tool im Sortiment.

Dani: Die Innovation des Daysavers ist die Verschachtelung. Die Bits sind die Behälter für die anderen Bits. Dazu sind sie drehbar und haben damit zwei Tools pro Bit. So sparen wir Platz und Gewicht.

Elam: Wir haben uns für die erste Version des Daysavers auch bewusst aufs Schrauben konzentriert. Wir glauben einfach nicht an das Eierlegende-Wollmilchsau-Prinzip. Denn oft ist es so, dass ein solches Werkzeug viel kann, aber nichts richtig. Der Daysaver ist vielseitig, enorm klein und leicht.

Wolftooth hat ebenfalls ein Bit-Tool im Sortiment …
# Wolftooth hat ebenfalls ein Bit-Tool im Sortiment …
… und auch mit Reifenhebern kombiniert gibt es Lösungen auf dem Markt.
# … und auch mit Reifenhebern kombiniert gibt es Lösungen auf dem Markt.

Was war bei der Entwicklung bisher die größte Schwierigkeit? Welchen Tipp könnt ihr anderen geben, die auch eine gute Idee für ein Werkzeug haben?

Peter: Man hat oft als Ideen-Urheber das Gefühl, alles machen und kontrollieren zu müssen. Ein wichtiges Learning aus diesem Projekt ist es, dass man starke Partner braucht. Experten, die die Idee kritisch betrachten können, neue Inputs liefern und vor allem ihre jahrelange Erfahrung einbringen können. Dieses Loslassen ist nicht einfach. Wir haben uns von Anfang an ganz bewusst einen Partner gesucht und mit PB Swiss Tools den idealen gefunden. Nur so konnten wir innerhalb von nur sechs Monaten die Idee zur Serienreife entwickeln.

Dani: Für uns als Nicht-Ingenieure war die größte Herausforderungen, das Zusammenspiel von Material, Beschichtung und Verarbeitung in Bezug auf die Belastungen zu verstehen. Wie schaffen wir es, unsere Idee mit so wenig Kompromissen wie möglich umzusetzen und gleichzeitig die Anforderungen an Festigkeit, Rostbeständigkeit, Gewicht und Design sicherzustellen. Die Wechselwirkung von Materialhärte und Rostbeständigkeit ist nicht einfach zu lösen. Je mehr Drehmoment du anwenden willst, desto härter muss das Material sein – aber dabei nimmt die Rostbeständigkeit ab. Du musst also diese Abhängigkeiten verstehen, um die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Elam: Einen weiteren Tipp für diejenigen, die eine Idee in die Tat umsetzen wollen: Verliebt euch nicht in eure Idee. Ihr könnt noch so überzeugt sein – habt die Größe und nehmt mal eine Außenperspektive ein. Hinterfragt euch und eure Idee kritisch. Dazu gehört vor allem das benutzerzentrierte Vorgehen. Ihr müsst eure Idee mit echten Benutzern testen und hinterfragen. Nehmt ihre Inputs ernst, testet und iteriert. Und habt auch mal den Mut, euch von eurer Idee oder Teilen davon zu verabschieden. Less is more. Klingt jetzt sehr missionarisch, aber das ist einer der Erfahrungen, die wir aus unserem normalen Job mit in das Daysaver-Projekt genommen haben.

Für die Anschubfinanzierung ist eine Kickstarter-Kampagne geplant. Was erhofft ihr euch von der Kampagne?

Dani: Wir haben mit Daysaver ein produktionsreifes Produkt am Start. Das gesamte Engineering und die Prototypen haben wir aus der eigenen Tasche finanziert. Mit der Kickstarter-Kampagne wollen wir nun die erste Serie finanzieren. Jeder Unterstützer bekommt einen Daysaver, wenn wir das Fundingziel erreichen.

Peter: Für uns ist die Kickstarter-Kampagne auch ein Akzeptanztest. Natürlich haben wir im Vorfeld mit vielen Bikern gesprochen und getestet. Aber wenn du mal auf Kickstarter bist und Geld brauchst, weißt du ziemlich schnell, ob deine Idee einen internationalen Markt hat oder nicht.

Erinnert ein wenig an die schachtelbaren Matrjoschka-Puppen
# Erinnert ein wenig an die schachtelbaren Matrjoschka-Puppen - das runde Werkzeug ist noch von der Community zu entscheiden.

Auf den Bildern des Prototyps ist ein Werkzeug noch rund – was dürfen wir hier erwarten?

Elam: Wir haben im Vorfeld über Umfragen versucht, die häufigsten Use-Cases, die einem unterwegs passieren können, und die häufigsten Schrauben am Bike zu identifizieren. Deswegen haben wir uns für den 2er, 3er, 4er, 5er, 6er und 8er Innensechskant entschieden – mit einem Torx25 und einem Schlitzschraubendreher. Der von dir angesprochene neunte Slot ist noch frei. Darüber soll die Community entscheiden, was wir da machen sollen. Ist es ein weiterer Torx? Eine Nadel für “Reifen-Würstchen”? Oder was ganz anderes? Wir sind gespannt auf eure Kommentare.

Danke fürs Gespräch und viel Erfolg mit der Kampagne!

Was sagt ihr: Was soll das neunte Werkzeug sein? Und allgemein: Ist der Daysaver eine praktische Neuerung oder nur ein weiteres Multitool auf dem Markt?

Fragen: Stefanus Stahl / Fotos: Hersteller

Paul Ripke im Interview: „Ein bisschen Gelassenheit tut allen gut“

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Er war Fotograf für die Toten Hosen, Marteria, das Mercedes F1-Team und Lewis Hamilton, ist (nicht selbsternannter) Instagram-Papst und erfolgreicher Podcaster mit „Alle Wege führen nach Ruhm“ zusammen mit Joko Winterscheidt, um nur einige seiner beruflichen Stationen zu nennen – die Rede ist von Paul Ripke. Und was, werden sich nun manche Leser fragen, hat der Mann mit Bart und Strubbelfrisur jetzt mit Rennradfahren zu tun?

Mittlerweile ganz schön viel: Nach einem Fotojob bei der Tour de France und Austausch einiger Anekdoten mit Erik Zabel, mittlerweile dicker Freundschaft mit dessen Sohn Rick, ersten Geh- beziehungsweise Fahrversuchen in den USA auf einem Rennrad ist Paul mittlerweile voll im Rennradfahren angekommen. Im Rahmen der PARI Souplesse Rides vom PARI Souplesse Club, die er mit Schwalbe ins Leben gerufen hat, haben wir Paul auf einer 80-Kilometer-Runde rund um Heidelberg getroffen und versucht, mal die Ursprünge seiner Rennrad-Motivation herauszufinden. Warum Paul mittlerweile so gern Rad fährt, warum er dabei trotzdem nicht abnimmt und was nächtliche Rennrad-Wettbewerbe auf Formel 1-Strecken damit zu tun haben, erfahrt ihr im Interview. Look pro, go slow!

Paul Ripke Interview-9
# Paul Ripke Interview-9
Diashow: Vom Fotografen zum Rennradfahrer: „Ein bisschen Gelassenheit tut allen gut.“ Paul Ripke im Interview
Paul Ripke Interview-9
Pauls schnelles Geschoss von Focus in Custom-Lackierung
Neben Schwalbe-Goodies …
Mit Focus zusammen hat Paul ein spannendes Bike gestaltet.
Look Pro …
Diashow starten »

Rennrad-News: Wenn ich mich recht erinnere, bist du in Kalifornien über einen Bekannten zum Radfahren gekommen. Was genau hat dich am Rennradfahren fasziniert?

Paul Ripke: Erstmal gar nichts (lacht). Ich habe die letzten vier Jahre in der Formel 1 gearbeitet, und Donnerstag bis Samstag wird die Strecke nach dem Training abends und nachts für Läufer und Radfahrer geöffnet. Es gibt dort sogar Rundkurse mit Wertungen, dann fährt auch Ferrari gegen Mercedes …

Auf jeder Strecke?

Ne, in Monaco nicht, aber auf fast allen anderen Strecken. Und dann gibt es auch Wettbewerbe dort und dann fährt eben Ferrari gegen Mercedes auf dem Rennrad. Und der Typ, der die Trikots gemacht hat und die Räder dort, ist ein Australier, der wohnte ganz in der Nähe, und mit ihm habe ich mich erstmal als Typ angefreundet. Und wie das manchmal so ist – der macht „Pedal Mafia“, so eine australische Radbekleidungsfirma, – saß er dann irgendwann jeden Tag bei mir im Büro, und nachdem er zum siebzehnten Mal zu mir gesagt hat, „komm doch mal mit, hier hast du ein Rad“, hatte ich irgendwann keine Entschuldigung mehr. Dann bin ich am 3. Januar diesen Jahres das erste Mal Rad gefahren, und es ging dann relativ schnell, dass ich das ziemlich gut fand. Man kann ja auch sehr eintauchen in Klamotten, Equipment, Helme, was auch immer. Da gibt es genug Möglichkeiten, lustige Sachen zu machen – auch das hat mir Spaß gemacht.

Vor dem Heidelberger Eisladen „OK KOOL“ traf man sich zum PARI Souplesse Ride.
# Vor dem Heidelberger Eisladen „OK KOOL“ traf man sich zum PARI Souplesse Ride.
Diashow: Vom Fotografen zum Rennradfahrer: „Ein bisschen Gelassenheit tut allen gut.“ Paul Ripke im Interview
… wurde auch von Paul persönlich Eis für die begeisterten Teilnehmer ausgegeben.
Pauls schnelles Geschoss von Focus in Custom-Lackierung
Große Straßen gibt's in Deutschland genug – viele auch, wie hier, ohne viel Verkehr zum entspannten Fahren.
Look Pro …
Neben Schwalbe-Goodies …
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Neben Schwalbe-Goodies …
# Neben Schwalbe-Goodies …
… wurde auch von Paul persönlich Eis für die begeisterten Teilnehmer ausgegeben.
# … wurde auch von Paul persönlich Eis für die begeisterten Teilnehmer ausgegeben.

Inzwischen habe ich letzte Woche auch nichts mehr gemacht außer Radfahren. So fühlt es sich zumindest an (lacht). Wenn es eine Blaupause für jemanden gibt, den das Radsportfieber gepackt hat, dann bin ich das dieses Jahr auf jeden Fall.

Ich hab‘ am Anfang des Jahres 110 Kilo gewogen und ich wiege immer noch 110 Kilo – obwohl ich knapp 7.000 Kilometer jetzt gefahren bin.

Und zum Sportlichen: Ich hab‘ am Anfang des Jahres 110 Kilo gewogen und ich wiege immer noch 110 Kilo – obwohl ich knapp 7.000 Kilometer jetzt gefahren bin. Das liegt vor allem daran, dass ich sehr gerne Bier danach trinke, sehr gerne esse und eher den sozialen Aspekt interessant finde. Ich habe das mal mit meinem Arzt besprochen, der auch mein Schwager ist, der sagte: „Naja, wenn man die gleichen Kalorien danach wieder zu sich nimmt, die man gerade verbrannt hat, dann darf man sich auch nicht wundern, dass man nicht abnimmt.“ Mir ist das Soziale aber so wichtig, ich habe da so viel Spaß dran, dass ich genau so weitermachen möchte.

Du fährst viel auf der Straße. Ein ganz anderes Thema: Hast du auch schonmal auf einem Gravelbike gesessen?

Nein, ich bin auch noch nie ein Rad mit Gravelreifen gefahren, aber ich sehe das die ganze Zeit und finde das hochinteressant. Ich habe jetzt von der Firma Focus, mit denen wir ein Fahrrad machen, ein Rad bekommen, mit dem das technisch geht und werde mit Sicherheit von Schwalbe einen Gravelreifen probieren, weil die ja die besten Gravelreifen der Welt machen. Ich weiß gar nicht, ob es dafür noch andere Anbieter gibt (grinst schelmisch) …

Kein Gravelreifen, aber brandneu – der Schwalbe One in der Farbe „Turqouise“
# Kein Gravelreifen, aber brandneu – der Schwalbe One in der Farbe „Turqouise“ - vielleicht gibt's demnächst sogar ein Gewinnspiel dazu … seid gespannt!
Mit Focus zusammen hat Paul ein spannendes Bike gestaltet.
# Mit Focus zusammen hat Paul ein spannendes Bike gestaltet.

Ich bin letzte Woche in Heidelberg das erste Mal ein bisschen im Wald gefahren, also einen Gravelweg sozusagen. Das hat mich jetzt so angefixt, dass ich wechseln will und ich das auch absolut faszinierend finde, aber noch nicht gemacht habe. Und fairerweise gibt es da, wo ich wohne, in Laguna Beach, sehr viele solche Hügel mit einer ultragroßen Gravelszene und coolen Wegen, die ich unbedingt ausprobieren will. Ich hab mir schon die Wege angeguckt, das aber noch nicht richtig gemacht.

Das Focus Paralane kriegst du dann vermutlich?

Genau, ja.

Mal ganz kurz zu der Vorgeschichte deiner eigenen Marke „PARI“. Wolltest du nur ein eigenes Trikot haben, weil du gerne dein PARI-Logo, die Technokatze, radsporttechnisch unterbringen wolltest oder weil du selber was Cooles auf die Beine stellen wolltest?

Was ich gerade mache, versuche ich auch irgendwie in Produkten umzusetzen, weil meine Interpretation vielleicht ein bisschen anders ist. Ich habe mir irgendwann mal gedacht: Ich designe jetzt ein Trikot. Das habe ich erstmal auf einer Skizze gemacht, dann haben wir es produziert und dann haben das Leute gekauft. Und das ist total lustig, wenn man Leute sieht, die das Trikot tragen. „PAR“ steht für meine Initialen Paul Ripke, ich habe das aus dem Spaß heraus gemacht, und jetzt ist auf einmal daraus eine ernstzunehmende Firma entstanden, die ernstzunehmende, ich würde es jetzt nicht Mode nennen, eher Textilien (lacht) herstellt. Das sind ja eher so Hoodies und Jogginghosen. Macht total Bock. Ich habe letzte Woche in Düsseldorf den ersten total Fremden auf der Straße gesehen, der meine Klamotten getragen hat! Das ist abgefahren, ich habe den ganz euphorisch gegrüßt, und der hat überhaupt nicht gecheckt, wer ich bin. Interessierte den gar nicht. Der kannte mich wahrscheinlich auch nicht.

Das heißt, das geht mittlerweile auch schon aus der Szene heraus, dass das Leute kaufen?

Ich glaube es geht zumindest weg von mir, ja. Also PARI auf jeden Fall.

Was haben Fotografie und Radfahren gemeinsam? Gibt es da Schnittpunkte?

Also ich glaube schon, dass Radfahren ein gestalterisches Hobby ist. Ich habe noch nie so geschmackvolle Menschengruppen gesehen wie Radfahrer. Ich weiß nicht woher das kommt, vielleicht sind das auch nur die Leute, mit denen ich Rad fahre. Meist haben die ein Gespür für Design, die mögen Espresso, die mögen Architektur. Landschaften, Bauten, Design und Museum, Espresso und alle solche Dinge, die gehören ja irgendwie zusammen, finde ich. Ähnlich ist das in der Fotografie, in der Gestaltungssprache oder Geschmack wichtig sind. Das sehe ich schon sehr oft, dass viele Leute im Radsport das wieder sehen. Eine Marke wie Rapha zum Beispiel hat das wunderschön interpretiert. Rapha hat so tolle Sachen und so eine großartige Bildsprache seit zehn Jahren in Video, Ton, Foto, was auch immer … da glaube ich schon, dass es da Berührungspunkte gibt.

In eine ähnliche Richtung geht ja beispielsweise auch das Magazin Fahrstil …

Super, ja. Halt ein Lebensgefühl, das du transportierst. Ich brauche jetzt nicht erklären was Radsport ist, das wissen ja alle anderen viel besser als ich, ich mache das ja erst seit einem Jahr. Aber für mich ist es schon einfach ein großartiges Lebensgefühl, das ist ja ein bisschen mehr. Wenn ich jetzt Fitness mache, ist das jetzt nicht unbedingt immer ein Lebensgefühl, im Radsport identifiziert man sich schon ein bisschen mehr, als dass es nur ein Hobby ist.

Look Pro …
# Look Pro …
… Go Slow!
# … Go Slow! - So lautet Paul Ripkes Motto für ein weniger wettkampf-basiertes, entspanntes Rennradfahren.

Bist du schon richtig nerdy in der Technik-Thematik oder ist dir das genauso unwichtig wie KOMs und solche Geschichten?

Ich wüsste jetzt nicht, welche Gangschaltung ich habe (eine SRAM RED AXS, Anm. d. Red.). Ich habe, glaube ich, eine Scheibenbremse … mit jedem neuen Stecksystem für Laufräder scheitere ich erstmal 3 Tage. Ich bin null Techniker und habe gar kein Gefühl dafür. Da bin ich null drin, also das ist mir tatsächlich eher egal.

Pauls schnelles Geschoss von Focus in Custom-Lackierung
# Pauls schnelles Geschoss von Focus in Custom-Lackierung - zum Bike gibt es in Kürze noch ein paar Infos mehr.

Du bist die letzten Tage relativ oft mit Rick Zabel unterwegs gewesen. Woher kennst du ihn?

Der hatte mich irgendwann auf Instagram angeschrieben und mich zur Tour de France eingeladen, 2018. Dann bin ich da mit hin und wusste nicht, wie mir geschieht. In Paris hat mich irgendjemand abgeholt, glaube der Pressechef von Katusha damals, und am nächsten Tag saß ich dann den ganzen Tag mit Erik Zabel, seinem Vater, der dort für Canyon etwas gemacht hat, zusammen. Wir sind so die Schleichwege von einer Roubaix-ähnlichen Etappe gefahren. War natürlich total geil, Ete hat ja schon so ein paar Geschichten auf Lager! Und später habe ich mich mit dem Sohn angefreundet.

Auch mal ein Gespräch mit jemandem führen, der nicht weiß, was Radsport ist

Ich habe jetzt die letzten fünf Tage mit ihm verbracht und der ist tatsächlich mega cool. Er ist saulustig und nimmt sich selbst nicht so besonders ernst. Er ist jetzt ja auch nicht der nerdigste Radsportler und kann auch mal ein Gespräch mit jemandem führen, der nicht weiß, was Radsport ist. Es hat mich sehr beeindruckt, wie offen der zu anderen Dingen ist in der Welt und auch was für Interessen er hat. Sami Khedira war auch so ein Typ im Fußball – ich komme eigentlich aus dem Fußball – und mit Sami habe ich nie über Fußball geredet, sondern immer über Hiphop oder Kultur, über Städte, über Reisen … der hatte immer ein Interesse an anderen Sachen. Und so ähnlich ist es bei Rick Zabel.

Ich habe die Straßen in Kalifornien als eher etwas ruppig in Erinnerung. Wie oft bist du schon in ein Schlagloch gefahren? Kam das schonmal vor?

Gar nicht tatsächlich! Ich bin die ersten 1.000 Kilometer ohne jede Begegnung mit auch nur einem Auto gefahren, weil ich nur auf Radwegen unterwegs war. Es gibt unfassbar viele Radwege in L.A., gerade in diesen ganzen ehemaligen Flüssen bauen sie überall Radwege gerade rein. Genau vor meiner Haustür geht zum Beispiel ein 210 Kilometer langer Radweg los, ohne eine Ampel, ohne ein Auto, ohne irgendwas. Alleine da kannst du einfach eine Stunde hoch, eine Stunde runterfahren und dabei den Kopf ausschalten. Ich bin dann von L.A. nach San Francisco gefahren mit dem Fahrrad, den „Highway One“. Da war ich mal wieder der Trottel, weil äh … ich sags mal so, man fährt eigentlich von oben nach unten und nicht andersrum …

Ich glaube, irgendjemand hatte dir das nachträglich noch gesagt …

Erik Zabel, genau … mit dem habe ich darüber geschrieben. Der hatte gesagt: „Hä, warum fährst du denn von unten nach oben, bist du bescheuert? Da ist man immer im Gegenwind von oben, du bist immer an der Wand und nicht am Wasser und hast kein tolles Licht…“. Und die eine Seite der Straße, das war das Frustrierendste: Über bestimmt 240 Kilometer war eine Seite der Straße, nämlich die von oben nach unten, perfekter Asphalt, nagelneu. Und meine Seite der Straße, die war wirklich Tschernobyl, kratergroße Löcher, völliger Horror. Das war nicht schön. Aber ansonsten versuche ich Verkehr zu vermeiden, fairerweise muss man sagen, der Amerikaner fährt ja dann doch Pickup Trucks, und ich habe keine Lust von einem Ford F-150 und jemandem, der ein Handy am Steuer hat, überfahren zu werden. Deswegen vermeide ich große Straßen.

Große Straßen gibt's in Deutschland genug – viele auch, wie hier, ohne viel Verkehr zum entspannten Fahren.
# Große Straßen gibt's in Deutschland genug – viele auch, wie hier, ohne viel Verkehr zum entspannten Fahren.

Kannst du kurz über die Intention von der krassen Tour nach San Francisco sprechen?

Also, erstens: So krass war die gar nicht. Das waren sieben Tage, 1200 Kilometer oder so was … easy, wir haben halt nichts anderes gemacht. Und wenn das so ein Trottel wie ich hinbekommt, mit 110 Kilogramm, dann kriegt das auch jeder andere hin. Aber mir war einfach langweilig, so doof wie es klingt (lacht). Ich war noch nie am „Highway One“, obwohl ich oft in Amerika war und jetzt seit einigen Jahren dort lebe. Unfassbar geil! Ich bin am Anfang auch alleine gefahren, und es war total geil, man war alleine unterwegs, hatte eine Ziel, eine Aufgabe, Kopf abschalten. Es war wirklich mal sehr, sehr, sehr befreiend. Ich habe Pakete an die einzelnen Stopps geschickt und wieder von dort wieder zurück und hatte daher kein Gepäck, sondern nur eine Tasche dabei mit Drohne, Fotoapparat und GoPro, sonst aber nix. Das war sehr angenehm und mega geil. Super Wetter gehabt, hat alles gepasst.

Hat auch, glaube ich, bis kurz vor Schluss super funktioniert, oder?

Genau, einen Einbruch, einen Platten mal. Aber ansonsten lief alles wirklich gut, ja.

In Deutschland haben wir momentan auch ganz groß diese Fahrradsicherheits-Diskussion. Du hast es schon kurz angesprochen – wie werden Rennradfahrer in den Staaten wahrgenommen? Gibt es da Unterschiede zu Deutschland? Fahren die gewissenloser? In Deutschland merkt man, dass Rennradfahrer für viele Autofahrer ein sehr großes Ärgernis sind. Ist das in Amerika auch so?

Nein, überhaupt nicht. Ich bin jetzt letzte Woche hierher gekommen und wir sind am ersten Tag Fahrrad gefahren. Ich kam nach Hause und habe meine Frau angerufen und gesagt „alter Schwede, ich bin heute schon bepöbelt worden“. Dann sind wir eine Runde (zusammen mit dem Radsportclub in Heidelberg, Anm. d. Red.) gefahren, ich bin noch nie so viel bepöbelt worden in der ersten Stunde. Da waren wir halt auch 180 Leute. Das verstehe ich schon, aber dass sich Leute damit nicht abfinden … dann verlieren sie halt acht Minuten ihrer Zeit und fahren aber danach die gleichen acht Minuten neben mir her und haben mich beschimpft wie nochmal was, also … das ist ja schon eine deutsche Eigenschaft, richtig wütend zu werden.

Da sind die Amerikaner sehr viel gelassener. Ich sehe es auch andersrum, viele Leute haben mich besucht und sind bei mir gefahren und haben gesagt, „oh, das ist ja beeindruckend, wie respektvoll hier alle sind!“. Es gibt eben schon echt viele Radwege, und es ist auch alles größer, es ist mehr Platz. Ich glaube schon, dass deutsche Autofahrer im Speziellen schon oft richtige Wutbürger sind, das nervt natürlich höllisch. Was soll man machen.

Auto vs. Radfahrer – auch auf der Fahrt in Heidelberg war dies besonders auf Anstiegen durchaus mal immer ein Thema.
# Auto vs. Radfahrer – auch auf der Fahrt in Heidelberg war dies besonders auf Anstiegen durchaus mal immer ein Thema.

Ich hatte eine Instagram-Story gemacht, wo ich mit Rick Zabel und sieben Leuten gefahren bin, über die Orte. Wir fuhren auf der Straße, aber wir fuhren halt auch 32 km/h. Es gibt ja auch klare Rechtslagen dafür, dass du dann auf der Straße fahren musst. Da gab es nebenan so einen kleinen Fahrradweg und Fußgängerweg, aber ich habe ungefähr 140 Instagram-Nachrichten bekommen von Leuten, die gesagt haben „wegen euch haben wir so einen schlechten Ruf, warum gibt’s da den Fahrradweg denn …“. Keine Ahnung. Ich finde das schwer nachvollziehbar, ein bisschen Gelassenheit tut doch allen gut.

Viele Leser werden dich auch als Fotograf kennen. Hast du auch fotografische Berührungspunkte was Sport angeht, außer Formel 1 und Fußball? Also hast du schonmal im Radsport fotografiert?

Ja, Tour de France einmal zwei Tage. Das war super schwierig, ich hatte keine Ahnung von dem Sport, keine Ahnung wie schnell das geht und habe nur ganz schwer erkannt, wer da ist … und es ist sehr presserelevant. Ich versuche immer ein bisschen andere Fotos zu machen, das ist mir dort nicht so leicht gefallen. Aber da gibt es auch eine Fotostrecke drüber, zumindest im Bus und Backstage mit so ein paar anderen Blickwinkeln, das war schon gut.

Sonst habe ich vom Radsport nicht so viel fotografiert. Ich war früher richtig Fan. Aber grundlegend komme ich aus dem Hockey, habe daher auch nie ein Radrennen fotografiert. Ich habe ein paarmal Triathlon fotografiert, in Hamburg bei den Cyclassics, da war ich mal hier und da. Aber Radsport-Fotografie ist was Spezielles, da muss man schon drinstecken.

Du hast ja eigentlich zum richtigen Zeitpunkt aufgehört Formel 1 zu fotografieren, denn mit der Formel 1 ist es dieses Jahr eher schwierig gewesen. Ist der Mix aus PARI und Rennrad dein beruflicher und freizeitlicher Hauptbereich oder hast schon neue Ideen, die demnächst dann kommen?

Nein, also momentan ist es das, was ich machen will. Also: Ich lebe ja schon so ein Pippi Langstrumpf-Leben, wo ich mir die Welt mache, so wie sie mir gefällt. Das ist natürlich sehr viel Glück grundlegend, aber nichtsdestotrotz habe ich immer mal wieder Timing-Glück. Ich glaube aber trotzdem, dass, wenn man das macht, was man wirklich gut findet … und so blöd es klingt: Aber aus der Formel 1 rauszugehen war eine hochideologische Entscheidung.

Ich lebe ja schon so ein Pippi Langstrumpf-Leben, wo ich mir die Welt mache, so wie sie mir gefällt.

Ich hatte einen Vertrag, ich war super bezahlt, wir haben gewonnen, das war mit Lewis Hamilton und mit dem Mercedes-Team jetzt alles auch nicht scheiße! Trotzdem hatte ich persönlich jetzt, als tiefe persönliche Entscheidung, nicht mehr großartigen Spaß daran. Ich hatte nicht das Gefühl, dass das, was ich da mache, einen Unterschied macht. Dass ich was dazu beitrage, dass meine Arbeit einen relevanten Unterschied macht. Und deswegen habe ich da aufgehört.

Und wenn ich jetzt heute mit 50 Leuten Fahrrad fahren gehe und mir darüber nachdenke, dann denke ich, ja das macht schon einen Unterschied! Da sind ein paar Leute dabei, die fahren zum ersten Mal 80 Kilometer, sie haben ’nen guten Tag, ich erinnere mich daran. Das reicht mir schon als Unterschied. Da habe ich auf mein Bauchgefühl gehört, etwas zu machen, was zu mir in dem Zeitpunkt, mit 39 Jahren im Jahr 2019 oder 2020 besser passt. Und das zahlt sich jetzt gerade aus. Denn natürlich habe ich ein Schweineglück, denn mein Job existiert nicht mehr, den ich da gekündigt habe und Radfahren ist so groß wie noch nie, in meiner Wahrnehmung zumindest. Aber man sagt ja auch, „das Glück ist mit den Tüchtigen“ oder „luck is, when opportunity meets preparation“, also es gibt ja schon ein paar Sachen, die dann ein bisschen Wahrheit beinhalten. Ich glaube, ich werde auch schon belohnt dafür, die mutigere, unangenehmere Entscheidung zu treffen. Aber ja – ultraviel Glück.

Paul Ripke Interview-8
# Paul Ripke Interview-8

Ihr möchtet auch gerne mal bei einem der PARI Souplesse Rides dabei sein? Schaut am besten mal beim PARI Souplesse Club auf Instagram vorbei! Mehr Infos dazu gibt’s auch auf der Homepage: https://schwalbe.com/parisouplesseclub

Fotos: Johannes Herden, Michael Kull

Neuer Rennrad-Rapsong mit Interview: Immer noch nicht satt!

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Spotify und Co. streamen seit kurzem „Immer noch nicht satt”, einen Rap übers Rennradfahren des Interpreten Wattmeister Fresh. Ihr kennt weder den Song noch den Typ? Da sich hinter dem Künstlernamen, den Beats und den Lyrics jemand verbirgt, der auch hier viel schreibt, haben wir die Gelegenheit für ein Interview geschaffen. Hier gibt es den Song zum Hören und den Text sowie die Geschichte seiner Entstehung.

„Wattmeister Fresh – Immer noch nicht satt“ auf Spotify

Du siehst das Fenster nicht? Hier kannst du den Song auf Spotify hören:

Wattmeister Fresh – Immer noch nicht satt: Hier geht es direkt zum Song!

Alternative zu Spotify: Wattmeister Fresh – Immer noch nicht satt auf Amazon Music, auch auf Instagram ist der Song in „Reels“ und als Story-Musik verfügbar.

Interview: Die Idee hinter dem Song

Rennrad-News: Hallo, soll ich dich mit Wattmeister Fresh ansprechen?

Hannes: Nein, du kannst weiterhin Hannes sagen, das passt!

Hannes, ich kenne dich als schreibenden Kollegen von MTB-News. Ich habe gehört, dass du an Karneval auch mal singst, jetzt ein Rap übers Rennradfahren, wie kam es dazu?

Ich war tatsächlich mit dem Rennrad unterwegs, gerade einen Berg hochgefahren und hatte diesen Satz im Kopf, der ja auch so etwas wie ein Mantra geworden ist, „immer großes Blatt” und irgendwas mit “Steigung”, dann hatte ich den Refrain eigentlich schon im Kopf. “15 Grad Steigung – Großes Blatt”, dann habe ich angehalten und mir das direkt aufgeschrieben.

…weil du ständig auf der Suche nach neuen Song-Texten bist.

Ich bin kein Musiker und erst recht kein Rapper! Das fiel in eine Zeit, in der ich sowieso öfter mal auf Garage Band (eine Musik-Kompositions-App von Apple, Anm. der Redaktion) öfter mal auf dem iPad herumgedaddelt habe. Ich hatte mir vorgenommen, jeden Abend einen coolen Beat zu bauen. Nicht einfach nur Fernsehn zu schauen, sondern noch ein bisschen produktiv zu sein. Ich habe also immer Beats gebaut und hatte dann diesen einen Satz vom Rennradfahren im Kopf. Es ging mit dem Ursprungsbeat los, der ja so ein bisschen Trap-mäßig ist, dann habe ich noch eine Base Line dazu gebaut, ein paar Melodien für zwischendrin, den Keyboard-Sound und dann ging das so weiter.

Aber bislang hatte ich ja nur diesen einen Satz: “15 Grad Steigung, großes Blatt”. Mir war im Nachhinein klar, dass sich da eine Nähe zur #8000Watt-Bewegung ergibt, die ich gar nicht so beabsichtigt hatte, ich wollte es jedenfalls nicht so einzeln als Aussage stehen lassen.

Dann habe ich den Rest des Textes geschrieben, mit ein paar Tipps von noch eingefleischteren Rennradfahrern wie beispielsweise dir. Im Anschluss habe ich das alles eingesungen, mit dem Podcast-Mikro unseres MTB-News-Podcasts „Pokal oder Spital”. Ganz zum Schluss dachte ich – da fehlt noch was. Das war der Moment der Bläser, die ich dann noch eingebaut habe. Und jetzt klingt es ziemlich wuchtig, man sollte sich das schon mal auf einer großen Anlage anhören!

Rap über Rennradfahren, da war doch schon mal was? Mir fallen spontan der Kölner Genz und sein Jan Ullrich-Rap ein und der internationale Cycling Smashhit “Performance”. Hast du vorher geguckt, was das Genre hergibt? Waren das Vorbilder?

Nee, tatsächlich nicht. Ich kenne natürlich beide Songs, aber es gab in dem Sinne eigentlich gar kein Vorbild.

Du hast es schon gesagt, du fährst selber Rennrad. Ich höre dennoch eine gewisse Ironie im Song mitschwingen. Du bist ja eigentlich MTB-Fahrer. Wie ist dein Blick aufs Rennradfahren?

Ich bezeichne mich tatsächlich definitiv eher als MTB-Fahrer, aber mir macht das Rennradfahren auch sehr viel Spaß. Ich habe ja auch schon auf Rennrad-News diverse Tests und Tourenberichte geschrieben. Das Rennradfahren ist für mich ein guter Ausgleich zu den Trailtouren, die ich sonst so mache. Aber klar, im Lied ist so ein bisschen die Veralberung das Ding, was man in sozialen Medien oder auf diversen Meme-Seiten so liest.

Für Rennrad-News hat Hannes unter anderem das Focus Paralane getestet.
# Für Rennrad-News hat Hannes unter anderem das Focus Paralane getestet.
Diashow: Rennrad-Rapsong „Immer noch nicht satt“: Wattmeister Fresh im Interview!
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Eigentlich ist Hannes aber auf dem Mountainbike zuhause.
Für Rennrad-News hat Hannes unter anderem das Focus Paralane getestet.
Für das Fotoshooting wurde aus den Vollen geschöpft …
Anstrengendste Tour bisher? Sicherlich die 400 km nach Berlin …
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Willst du jetzt damit andeuten, dass der Inhalt mehr aus medialer Erfahrung kommt als aus eigener Erfahrung?

Sowohl als auch. Ich finde halt manches Gebaren von manchen Rennradfahrern ein bisschen großspurig und dann steige ich da eben etwas drauf ein. Aber ohne da zu hochmütig zu klingen: Mir ist das aber selber gar nicht fremd! Ich merke schon auch, dass ich auf dem Rennrad selber versuche, abzuliefern. Es gibt schon den einen oder anderen KOM, bei dem ich immer wieder motiviert bin, da alles reinzuschmeißen. Auf der anderen Seite – ich wiege halt über 100 kg auf 1,93 m – begrenzt sich mein Ehrgeiz eher auf Flachstücke und Sprints und richtet sich weniger auf lange Berg-Segmente.

Es ist so ein Mix aus beidem. Ich mache einerseits gerne mit, auch was die Lust an neuem Equipment oder Klamotten und Brillen angeht, aber andererseits finde ich, dass man es auch nicht so bierernst nehmen sollte. Ich brauche zum Beispiel kein 6-Kilo-Rad, wenn ich selber 100 kg wiege.

Eigentlich ist Hannes aber auf dem Mountainbike zuhause.
# Eigentlich ist Hannes aber auf dem Mountainbike zuhause.

Du erwähnst das Equipment. Findest du, dass Rennradfahrer Styler sind?

Mmmh … das ist eine Definitionssache. Es gibt im MTB-Bereich auch Styler, das ist aber vielleicht ne andere Ebene. Also, gerade das Optische – da verweise ich auch gerne noch einmal auf das Interview mit Paul Ripke, in dem er das auch sagt, das geht natürlich in diese große Style-Richtung. Er erwähnt ja auch, dass er sehr viel Schönes im Rennradfahren sieht, Rahmenformen, Farben und Co.

Es gibt die Leute im MTB-Bereich natürlich genauso, die immer stylish aussehen wollen und die neusten Klamotten und Parts haben, auch da nehme ich mich natürlich nicht raus. Aber das passiert da weniger im Performance-Bereich, da geht es nach meinem Gefühl eher drum, dass es lässig und cool aussieht.

Für das Fotoshooting wurde aus den Vollen geschöpft …
# Für das Fotoshooting wurde aus den Vollen geschöpft …
… hier wurde natürlich extra maximales Style-Equipment verwendet!
# … hier wurde natürlich extra maximales Style-Equipment verwendet!

Um auf eine Textzeile zu kommen: Oneby oder Triple?

Da bin ich eher bei Oneby. An alle Schaltungshersteller: Ich würde mir eine schöne 1×13 fürs Rennrad wünschen, in der Art einer SRAM Eagle oder Shimano XTR 12-fach mit einem Berggang, der Rest ist mir egal. Abstufungen sind mir auch nicht ganz so wichtig.

Gibt es doch von Campagnolo …

Ja, stimmt, aber da ist mir der Berggang zu niedrig. Ich will vorne schon ein relativ großes Blatt fahren, aber auch mal steilere 300 Hm am Stück hochfahren können. Ich habe letztens mein Schaltverhalten mit der SRAM AXS Web App ausgewertet und ich fahre zu 99 % auf dem großen Blatt. Nur an diesem einen Berg hier in der Gegend mit den 300 Hm, da nutze ich dann das kleine Blatt. Das müsste die Gruppe auch noch schaffen.

Dein persönliches Verhältnis zu Bergen mit dem Rennrad? Rheinradweg, Koppenberg oder Mont Ventoux?

Schwierig. Die goldene Mitte, bitte.

Also Mittelgebirge, wo du auch fährst?

Ja, also Hügel gerne, ich mag den Mix. Mal Ballern auf Schnitt im Flachen, mal eher entspannt mit kleinen Bergen.

Noch mal zu dir persönlich – das musst du dir als Star schon gefallen lassen, damit du auch mal in die Intouch kommst. Was ist deine beste Angeberleistung auf dem Rennrad und was auf dem MTB?

Uh, die beste Angeberleistung? Da fällt mir ehrlich gesagt nicht wirklich viel ein … obwohl, doch: Die beste Angeberleistung ist auf dem Rennrad definitiv die 400 km-Fahrt am Stück nach Berlin, obwohl ich das mehr für mich selbst gemacht habe und über die ich auch hier den Bericht verfasst habe. Aber für Rennrad-Smalltalk eignet sich das im Fall der Fälle sicher als beste Angeberleistung. Und auf dem MTB (überlegt lange) – da könnte ich höchstens sagen, dass ich einen Bunnyhop auf eine Tischtennisplatte springen kann. Sonst bin ich da fahrtechnisch solide unterwegs, ohne besonders krasse Sprünge, Drops oder heftige Sachen machen zu können.

Anstrengendste Tour bisher? Sicherlich die 400 km nach Berlin …
# Anstrengendste Tour bisher? Sicherlich die 400 km nach Berlin …
… auf den letzten 30 km gab es Unterstützung von Kollege Marcus
# … auf den letzten 30 km gab es Unterstützung von Kollege Marcus

Gibt es eigentlich diesen Angeber-Talk im MTB-Bereich? Also bei Rennradfahrern gibt es das auf jeden Fall, sage ich mal …

Vielleicht unter Racern, eher in Verbindung mit Strava, wenn es um Speed geht. Aber im Wald auf den Trails ist das alles eh komplett irrelevant, wenn es nicht um Rennen geht – zumindest bei uns. Von unseren Touren kenne ich das nicht, eher geht es um den Spaß in der Gruppe. Berghoch ist es völlig egal, wie schnell man fährt. Das gibt es glaube ich weniger.

Warum kein Song über Mountainbiker?

Ich glaube dann letztlich doch – da ich ja ursprünglich Mountainbiker bin – dass ich über den Rennradbereich mehr zum Veralbern finde als beim MTB, weil die Sicht von außen noch etwas mehr vorhanden ist. Aber: Es gibt beim MTB-Bereich natürlich auch wahnsinnig viel zum Veralbern, ich kann da nur die IFHT-Videos empfehlen, von denen auch das Performance-Lied ist. Mir ist eben für den Rennradbereich mehr eingefallen.

Jetzt gibt es da so eine Schnittmenge zwischen Rennrad und MTB, das Gravelbike. Ist das für dich eine Schnittmenge oder weder Fisch noch Fleisch?

Das ist für mich tatsächlich leider weder Fisch noch Fleisch, denn ich fahre selber aktuell gar kein Gravel Bike. Was mir aber auffällt, wenn ich dann mal wieder Gravel Bike fahre, ist, dass es definitiv Vorteile in der Ebene gibt, da fährt man minimal schneller als mit einem schnellen XC-MTB. Geht es aber den Berg runter und es wird ein bisschen wurzelig, hat man mit einem leichten XC-Fully, wie ich es hier fahre, unfassbare Vorteile. Auf einem Gravel Bike tut es sehr weh irgendwann. Wofür es für mich dann wirklich Vorteile hätte, wäre so ein langes Etappenrennen. Ich fahre aber auf dem Rennrad mittlerweile 30 mm breite Reifen, so langsam nähere ich mich also schon der Breitreifenfraktion an! Aber aktuell ist meine Wahl eher mein XC-Fully mit 12 kg für Geländiges oder halt das Rennrad für die Straße.

Nochmal zu dem Song. Wie lang hast du dafür eigentlich gebraucht?

Das ging relativ schnell. Die Lyrics waren so in einer Stunde fertig, alles in allem dauerte es vielleicht einen Tag. Viel aufwändiger war das ganze Drumherum, das Foto für das „Cover“, das Einstellen bei Spotify und so weiter.

Gab es schon Reaktionen?

Durchaus. Ein paar unterschiedliche Leute haben es gefeiert, manche haben es wohl auch schon mitgesummt, als sie auf dem Fahrrad unterwegs waren. Von daher würde ich sagen: Ziel erreicht. Es soll einfach ein lustiges Lied sein, was vielleicht den einen oder anderen dazu reizt, die Anlage mal aufzudrehen oder auf der nächsten Tour am Berg ein bisschen Motivation zu tanken.

Was kommt als nächstes?

Ich habe ein paar Zeilen und einen Anfangs-Beat dazu. Ihr werdet es erfahren. Jetzt weiß ich ja, wie das Bereitstellen geht.

Wattmeister Fresh – Immer noch nicht satt: Hier geht es direkt zum Song!

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Wie gefällt euch das Lied?

Fragen: Jan Gathmann / Fotos: Johannes Herden, Jens Staudt

Radsportler der Jahres 2020: Lennard Kämna und Emma Hinze gewinnen

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Bei der Wahl zum Radsportler des Jahres 2020 sind Lennard Kämna, Emma Hinze und Marco Brenner die Sieger. Die Wahl wird von den Lesern der Magazine „Radsport“ und „Rennrad“ durchgeführt.

Lennard Kämna, Emma Hinze und Marco Brenner sind die Radsportler des Jahres 2020. Damit setzten sich bei den Männern erneut Straßenfahrer durch. Auf den ersten drei Plätzen landeten dabei ausschließlich Fahrer des deutschen Rennstalls Bora-Hansgrohe. Bei den Frauen dagegen fiel die Wahl auf die dreifache Bahn-Weltmeisterin Emma Hinze. Bei den Nachwuchssportlern gewann das Votum Marco Brenner.

Lennard Kämnas Tour-Etappensieg hat den Rennrad-Lesern so imponiert, dass er die Wahl klar vor seinen Teamkollegen Maximilian Schachmann und Pascal Ackermann gewann. „Ich freue mich, von den Lesern zum Radsportler des Jahres gewählt worden zu sein. Das ist für einen Sportler eine der schönsten Auszeichnungen,“ sagte Kämna, als er von seinem Wahlsieg erfuhr.

Emma Hinze gewann 2020 bei der Heim-WM in Berlin drei Titel. Ihre Siege im Sprint, im Keirin und im Teamsprint machten sie zur großen Favoritin für die Olympischen Spiele in Tokio, aber dann kam alles anders. Im weiteren Verlauf des Jahres konnte die 23-Jährige wegen der Corona-Pandemie keine Wettkämpfe bestreiten. Darum freut sie sich umso mehr über den Erfolg bei der Leserwahl. „Das ist cool und noch einmal eine Anerkennung meiner Leistung, wenn sich so viele Leute bei einer so traditionsreichen Wahl für mich entscheiden“, sagt Hinze, die sich in den nächsten Monaten auf die Olympiavorbereitung stürzen wird, nachdem ihre Knieverletzung wieder ausgeheilt ist.

Der Augsburger Marco Brenner hat souverän die Wahl zum Radsportler der Jugend gewonnen. Der 18-jährige kann trotz Corona und dadurch bedingten langen Zwangslausen auf eine erfolgreiche Saison zurückblicken: International sticht die Silbermedaille im Zeitfahren bei der Straßen-EM in Plouay hervor; mehr war fast nicht möglich, da es für die Nachwuchsklassen keine Weltmeisterschaft auf der Straße gab und auch die Nations-Cup-Rennen fast nicht zur Austragung kamen.

Die Wahlergebnisse

Radsportler des Jahres
1. Lennard Kämna: 26,9 %
2. M. Schachmann 19,2 %
3. Pascal Ackermann 16,3 %
4. Felix Groß 16,2 %
5. Maximilian Levy 10,9 %
6. Marcel Meisen 10,4 %

Radsportlerin des Jahres
1. Emma Hinze 25,0 %
2. Lisa Brennauer 22,8 %
3. Franziska Brauße 18,9 %
4. Elisabeth Brandau 11,6 %
5. Lea Friedrich 11,5 %
6. Hannah Ludwig 10,1 %

Radsportler der Jugend
1. Marco Brenner 27,1 %
2. Luisa Daubermann 20,2 %
3. Benjamin Boos 15,2 %
4. Willy Weinrich 13,9 %
5. Lennart Krayer 13,7 %
6. Tim Teutenberg 9,7 %

Stimmt ihr mit den Lesern der Rennrad überein? Wer wären eure Favoriten gewesen?

Infos: Pressemitteilung BDR / Fotos: BVA
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